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Nordland Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen

Reisebericht Teil 6 der 17-Tage Kreuzfahrt vom 19.06.-06.07.2013, Pyramiden, Spitzbergen

 

Tag 9: 27.06.2013  - Pyramiden /Spitzbergen, 17 Tage Kreuzfahrt Island, Spitzbergen, Norwegen an Bord der MS Artania

Spitzbergen ist der Name der Hauptinsel und Svalbard die offizielle Bezeichnung für die Inselgruppe. Die Gesamtfläche der Inselgruppe beträgt 62.450 km² wovon 39.500 km² auf die Hauptinsel Spitzbergen entfallen. Die Inselgruppe steht unter norwegischer Verwaltung. Aus Gründen des Natur- und Kulturdenkmalschutzes gilt es eine Reihe von Hinweisen und Vorschriften zu beachten, wenn man die Insel erkunden möchte. Neben den üblichen Gepflogenheiten zur Erhaltung der Natur betreffen die meisten Regelungen jedoch Individualreisende.

Spitzbergen ist in erster Linie aufgrund der landschaftlichen Gegensätze laut offizieller Beschreibungen ein absolutes Highlight.

Insbesondere die Westküste ist mit ihren schroffen Gebirgszügen stark alpin während die zentralen Bereiche sowie der Norden und Osten von Plateaubergen und flacheren Landschaftszügen gekennzeichnet sind. Die höchste Erhebung der Insel befindet sich im Nordosten und bringt es immerhin auf eine Höhe von 1.713 Meter. Da die umliegenden Berge jedoch auch relativ hoch sind, ragt dieser Gipfel allerdings nicht bedeutend hervor. Mit abnehmender Tendenz aufgrund der Klimaerwärmung sind derzeit keine 60% der Landfläche Svalbards mehr vergletschert. Die Eisschmelze ist jedoch lokal sehr unterschiedlich zu sehen. Da die meisten Niederschläge meist aus Westen heranziehen, ist dort sowie in höheren Lagen die Vergletscherung immer noch deutlich erkennbar. Auch der Nordosten ist immer noch weitgehend von Eiskappen bedeckt. Rund um Longyearbyen ist die Eisschmelze dagegen sehr deutlich erkennbar.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: MS Artania ankert vor der Stadt Pyramiden auf Spitzbergen

Besuch der Stadt Pyramiden: Um 09:00 Uhr erreichte die MS Artania die Stadt Pyramiden. Pyramiden ist eine aufgegebene und unbewohnte Bergarbeitersiedlung mit ehemals 1.000 Einwohnern. Die Stadt Pyramiden liegt am Billefjord, welcher ein Ausläufer des Isfjord ist und sich etwa zwei bis drei Schiffstunden nordöstlich von Longyearbyen befindet. Den Namen verdankt der Ort der pyramidenartigen Form des gleichnamigen Berges, an dessen Fuß er liegt. Die Anlandung erfolgte mit den Tenderboten der MS Artania und verlief sehr zügig. Die Stadt Pyramiden erreicht man über einen alten, verwitterten Landungssteg sowie über massive Betonplatten, die einst als Straße dienten.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Landgang und Erkundung der Stadt Pyramiden

Die Geisterstadt strahlte eine besondere Atmosphäre aus und machte neugierig.

Überall waren die Zeitzeugen aus alten, längst vergangenen Tagen noch deutlich erkennbar. Man hatte das Gefühl, die Siedlung wurde letzte Woche erst aufgegeben. Eine Lenin-Statue thronte auf dem zentralen Platz der Stadt. Das in unmittelbarer Nähe befindliche, alte Sportzentrum bzw. die Veranstaltungshalle beherbergt eine ganze Reihe alter Relikte und ist ein uneingeschränkt begehbares Museum. Die Eingangshalle versetzt den Besucher bereits zurück in die 70er Jahre aber richtig interessant wird der Besuch erst, wenn man die kompletten Nebenräume anschaut.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Diese Sportgeräte haben die besten Jahre definitiv hinter sich

In einer alten Sporthalle lagen noch diverse Bälle auf dem Boden und erweckten den Eindruck als käme gleich eine Sportmannschaft. Alte Pokale zierten die Wände, uralte Sportgeräte hatten die besten Tage schon vor 50 Jahren hinter sich, Umkleideräume könnten direkt wieder genutzt werden, ein Kinosaal wirkte gespenstisch und der Filmraum sollte das Highlight des ganzen Gebäudes werden. Russische Projektoren waren noch mit völlig intakten Filmrollen bestückt; hunderte weiterer Filmrollen lagen zum Teil völlig unversehrt in den Regalen oder aber auch völlig durcheinander auf dem Boden verteilt.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Auch Bälle findet man noch in der ehemaligen Turnhalle der 70er Jahre

Ein Großteil der alten Technik steht noch an Ort und Stelle, auf den Tischen lagen Zeitungen aus den 70er Jahren, Feuerlöscher hatten einen Stempelaufdruck von 1972… wirklich ein Museum erster Klasse, welches völlig frei begehbar war. Keine Absperrungen, keine verschlossenen Türen hinderten daran, sämtliche Räume zu durchsuchen. In den Schubladen fand man Dokumente mit Stempeln von 1974 und alte Flugtickets ebenfalls aus diesen Jahrgängen mit russischen Namen. Der Staubschicht auf dem Boden nach zu urteilen, hatte sich lange niemand in diese Räume verirrt. Anderswo zahlt man hohe Eintrittsgelder und sieht alles aus der Ferne hinter Absperrbändern oder Glasscheiben stehen; hier befindet man sich offenbar auf einer Zeitreise und steht mitten in historischem Material nach dem sich manches Museum die Finger lecken würde.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: alte Filmrollen sind in großer Anzahl im Filmraum des alten Kinos zu finden

Ansonsten schaut die Geisterstadt Pyramiden sehr verwittert und gespenstisch aus. Interessant ist sicherlich auch ein kleines Haus, welches nur aus leeren Wodka Flaschen errichtet wurde. Auf einem alten Sportplatz waren die schiefen und krummen Tribünen die Zeugen historischer Momente. Ein alter Podest, auf dem die Olympischen Ringe deutlich erkennbar waren, fand sich ebenfalls dort neben völlig schiefen Sitzbänken. Viel Phantasie brauchte es nicht, sich diesen Platz voller Leben mit vielen Sportlern vorzustellen.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Relikte vergangener Tage findet man unzählige in der Geisterstadt Pyramiden

Eine alte Schwimmhalle, eine Schule, ein Landeplatz für Hubschrauber, viele Wohngebäude und leere Straßenzüge durch die der Wind pfiff rundeten die Eindrücke im Gedächtnis ab. Interessant auch zu sehen, wie sehr die Natur in den letzten 40 Jahren dort für Verwitterung und Zerstörung an der gesamten Substanz gesorgt hat. Das ehemalige Hospital diente inzwischen als Wohnfläche für hunderte von Seevögeln. Leider waren die Türen hier versperrt. Wer weiß, was sich dort noch für alte Geräte gefunden hätten.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Wenn man sich dann satt gesehen hat an so viel lebendiger Geschichte, dann kehrt man nach ungefähr 3 Stunden zurück auf die MS Artania.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Hier stand schon länger kein Sportler mehr auf dem Podest

Mit dem Wetter hatten wir offenbar noch relativ Glück, denn es war trocken und in Ansätzen schaute auch die Sonne mal vorbei. Die Temperaturen lagen mit +6 Grad deutlich über den normal üblichen Temperaturen in dieser Region. Allerdings ist im gesamten Eisfjord und auch im benachbarten Tempelfjord kaum noch etwas von Eis und Gletschern zu erkennen. Um 14:00 Uhr hat MS Artania die Stadt Pyramiden wieder verlassen und zunächst Kurs auf den gegenüber liegenden Nordenskiöldgletscher genommen. Dieser verschwand dann aber auch mehr in der trüben, grauen Suppe als das man ihn in voller Größe hätte sehen können. Anschließend steuerte die MS Artania den Tempelfjord an, in dem Eis aufgenommen werden sollte um es in den Getränken zu verwenden. Daraus wurde jedoch nichts, weil die wenigen Abbruchstücke des Gletschers durch ungünstige Winde viel zu nahe an der Abbruchkante trieben. Eine Annährung und Bergung mit dem Tenderboot hätte deutlich zu viel Zeit in Anspruch genommen. 

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: ein farbenfroher Fleck in der Trostlosigkeit einer Geisterstadt

Landschaftlich hat Spitzbergen bislang nicht wirklich überzeugt. Vielleicht liegt das auch am Wetter, welches sich zum Nachmittag hin noch verschlechterte. Die Wolken hingen tief und Nieselregen setzte ein. Allerdings hätte auch besseres Wetter nichts daran geändert, dass eben keinerlei Eis mehr vorhanden ist und sich die meisten Gletscher eben komplett zurückgezogen haben bzw. abgeschmolzen sind. Überall sieht man noch die kargen Schluchten und die leeren Täler in denen einst die Gletscherzungen lagen und von deren Abbruchkanten aus das Eis durch die Fjorde trieb. Davon ist zum Großteil nichts mehr übrig geblieben. 

Wie gesagt hat die Landschaft von Spitzbergen bislang keine Begeisterungsrufe hervorgerufen und entpuppt sich eher als Mogelpackung, zumindest der Isfjord. Vor 20 Jahren mag es sicherlich imposant gewesen sein, als die Schiffe durch dichtes Treibeis fahren mussten. Aber Endmoränen, nackte Berge und karge Fjorde muss man nicht wirklich gesehen haben. Der Isfjord ist mit 107 km Länge der zweitlängste Fjord der Inselgruppe.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: Die Stadt Pyramiden wäre eine perfekte Filmkulisse

Aufgrund einer Änderung bei der Aufnahme der Lotsen ist es mit dem derzeitigen Routing auch nicht mehr möglich, in den Magdalenenfjord zu fahren. Dieser ist somit ausgefallen. Eine recht ärgerliche Tatsache, denn der Magdalenenfjord gilt landschaftlich als wesentlich reizvoller wie der Isfjord. So zumindest die Beurteilung derjenigen Personen die auch in jüngerer Zeit dort gewesen sind.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: das letzte Tenderboot der MS Artania ist wieder an Bord

Weiterfahrt am Nachmittag in Richtung Barentsburg, wo wir am Abend eingetroffen sind und eine Russische Folkloregruppe an Bord genommen haben. Ein Landgang war nicht vorgesehen. Barentsburg auf Spitzbergen wurde im Jahr 1932 gegründet und ist neben Longyearbyen der zweitgrößte Ort auf der Insel. Barentsburg ist eine Bergarbeitersiedlung und Polarstation in russischer Hand. Auch wenn die Entfernung nach Longyearbyen nur etwa 50 km beträgt, so gibt es keine Straßenverbindung zwischen diesen wie auch zu allen anderen Städten der Insel. Die Bedeutung der Stadt für die Russen wird allerdings immer geringer, so dass von den einst 1.400 Einwohnern in den 90er Jahren weniger als 400 übrig geblieben sind. Der Kohleabbau wird immer unrentabler und der Tourismus gewinnt an Bedeutung – zumindest in den Sommermonaten.

17 Tage Kreuzfahrt MS Artania Island, Spitzbergen, Norwegen 2013

Foto: immer schön die Vorfahrt beachten!

Das Wetter verschlechterte sich weiterhin. Windstärke 7, relativ starke Wellen und heftiger Regen bescherten uns einen ungemütlichen Abend.  An einem benachbarten Gletscher sollte ein zweiter Versuch starten, um Gletschereis an Bord zu nehmen. Diesmal setzte das Tenderboot auch zum Gletscher über. Nirgends war jedoch ein Abbruchstück zu finden und somit blieb auch diese Exkursion erfolglos.

Nachdem die Folkloregruppe an Bord auftrat, nahm MS Artania erneut Kurs auf Barentsburg und verabschiedete diese dort.

Ausklang des Abends in der Pazifik Lounge mit dem Cocktail des Tages.

Inzwischen ging es in Richtung Longyearbyen wo wir am frühen Morgen gegen 01:30 Uhr an der Pier festgemacht haben.

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