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SY Star Flyer: Träumen unter Sternen auf einem Traumschiff unter Segeln

Reisebericht Teil 1 Segelkreuzfahrt im Mittelmeer: Cannes, Frankreich

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Tag 1 - 19.09.2015: Cannes, Frankreich:

Wie bereits in unserem Vorabbericht geschildert, gehen wir zwar nicht erstmalig über die Planken eines Passagier-Segelschiffes aber stechen erstmals mit einem in See. Und zwar entlang der Küste von Südfrankreich bzw. an die Nordküste von Korsika.

Die Reiseroute vom 19.-23. September 2015:  Cannes, Frankreich – Calvi, Korsika – Monte Carlo, Monaco – Saint-Tropez, Frankreich – Cannes, Frankreich

Die Anreise nach Cannes erfolgt per Linienflug via München mit anschließendem, 30-minütigem Transfer zum Yachthafen in Cannes. Die Anreisemöglichkeiten von Deutschland nach Nizza sind vielfältig und erfolgen meist über die München-Verbindung mit Umstieg.

Während in Deutschland beim morgendlichen Start in Hamburg ein eisiger Herbstwind über das Flughafengelände weht, empfängt uns in Cannes am Yachthafen, direkt neben dem Palais des Festivals, strahlender Sonnenschein bei Temperaturen um 26 Grad. Der ideale Beginn für eine Segelkreuzfahrt mit der Star Flyer im Mittelmeer. Bis wir an Bord gehen dürfen, dauert es allerdings noch eine Weile.

Die Koffer aller Passagiere werden in einem kleinen Gebäude des Yachthafens deponiert und sicher aufbewahrt. Frisches Obst und gekühlter Fruchtsaft sorgen für eine willkommene Erfrischung. Wir nutzen die verbleibende Zeit bis zur Einschiffung für einen entspannten Stadtrundgang entlang des Boulevard de la Croisette in östlicher sowie dem Boulevard du Midi Jean Hibert in westlicher Richtung. Den rund 2 km langen Boulevard de la Croisette haben wir zuletzt vor etwa 15 Jahren besucht, verändert hat sich seither nichts. Noch immer schieben sich die Besitzer teurer Luxuslimousinen und Sportwagen Stoßstange an Stoßstange den verstopften Straßenzug entlang und buhlen zusammen mit Boutiquen von Gucci, Louis Vuitton, Christian Dior und Cartier um die Aufmerksamkeit der Besucher.

Der vorgelagerte, grobsandige Strand ist so überfüllt wie eh und je, hat an Attraktivität nichts gewonnen, zählt aber immer noch zu den beliebtesten Treffpunkten an der Côte d’Azur. Die Strandabschnitte sind peinlich genau den einzelnen Hotels an der Croisette zugeteilt, ebenso der verfügbare Platz für jeden einzelnen Gast innerhalb der Abschnitte. Ausweichen zwecklos. Öffentliche Bereiche gibt es so gut wie keine. Cannes ist in, zweifelsfrei, doch zu unseren Favoriten gehört die Stadt nicht.

Strand am Boulevard de la Croisette in Cannes

Foto: Strand am Boulevard de la Croisette in Cannes

Der Palais des Festivals sowie das angrenzende Casino erstrahlen nach einer umfangreichen Renovierung im Jahr 2010 beinahe so schön wie zur Eröffnung im Jahr 1982. Das heutige Palais des Festivals bietet eine Veranstaltungsfläche von rund 35.000m² und wird ganzjährig für nationale und internationale Events genutzt. Die bekannteste Veranstaltung sind zweifelsfrei die Internationalen Filmfestspiele von Cannes.

Deutlich entspannter und beschaulicher geht es da in den verwinkelten Straßen der Altstadt von Cannes zu. Eine Vielzahl gemütlicher Restaurants und Bars sowie die Boutiquen bekannter Modelabels prägen das Bild. Für einen Besuch in der Markthalle von Cannes kommen wir leider etwas zu spät, sehenswert ist dieser Teil der Stadt aber allemal.

Lohnenswert ist ein Besuch des Musée de la Castre bzw. der Kirche Notre-Dame-de-l´Espérance am westlichen Ende von Cannes. Sowohl die Kirche als auch das Museum liegen auf einem kleinen Hügel von dem aus sich ein wunderbarer Blick über den Filmpalast bis hin zum Boulevard de la Croisette bietet.

Aussicht über Cannes den Filmpalast und den Boulevard de la Croisette

Foto: Aussicht über Cannes, den Filmpalast und den Boulevard de la Croisette

Verlässt man diesen Hügel sowie die verwinkelten Gassen in südliche Richtung, so stößt man auf einen kleinen Strandabschnitt am Boulevard du Midi Jean Hibert. Der Strand ist öffentlich und längst nicht so überfüllt wie der Strand an der Croisette. Von hier aus erhaschen wir auch einen schönen Blick auf die in der Bucht vor Cannes vor Anker liegende Star Flyer.

SY Star Flyer vor Strand in Cannes

Foto: SY Star Flyer vor Strand in Cannes

Auf dem Weg zurück zum Hafengebäude empfiehlt sich ein kurzer Abstecher entlang der Allée de la Liberté Charles de Gaulle. Hier treffen sich Straßenkünstler, Einheimische und Touristen gleichermaßen, schlendern gemütlich durch diese parkähnliche Anlage oder kehren in eines der schmucken Cafés am Platz ein.

Jetzt haben wir genug von der Stadt gesehen und sind neugierig auf unser schwimmendes Hotel unter Segeln, welches bereits blank herausgeputzt in der Bucht auf uns wartet. Die Koffer aller Gäste sind bereits von der Crew auf die Star Flyer gebracht worden, so dass einer entspannten Überfahrt mit dem nächsten Tender nichts mehr im Wege steht. Die Tenderzeit vom Anleger am Yachthafen zur Star Flyer dauert gerade einmal 10 Minuten, in denen sich unsere Vorfreude mit jedem Meter, den wir uns dem imposanten Segelschiff nähern, weiter steigert.

Tender der Star Flyer im Hafen von Cannes

Foto: Tender der Star Flyer im Hafen von Cannes

Die Gangway erklommen, stehen Kapitän Yuriy Slastenin, Cruise Directorin Monja Salvati und Hotel Manager Arnold Deutschl sowie ein weiterer Teil der Crew als Empfangskomitee bereit. Ein spritziges Gläschen Champagner kommt jetzt genau richtig. Wir sind angekommen auf der Star Flyer und stehen auf einem wunderschönen Teakdeck direkt vor der Tropical Bar. Es dauert, ohne Übertreibung, keine 10 Minuten bis der erste Funke überspringt und wir positiv überrascht von der maritimen Atmosphäre an Bord sind. Ganz anders als bei unserem ersten Besuch auf einem Großsegler mit Baujahr 2001 vor einigen Jahren, den wir uns angeschaut haben. Der hatte uns mit seinen aufgeräumten Decks, der Raumaufteilung und den klaren Linien mehr an ein Kreuzfahrtschiff im herkömmlichen Sinne erinnert als an einen Großsegler. Von goldenen Armaturen in Bädern lassen wir uns nicht blenden, es muss der maritime Charakter stimmen.

Auf der Star Flyer gibt es, ganz stilecht, noch Kabinenschlüssel mit einem schönen Seemannsknoten als Schlüsselanhänger. Für die Registrierung und Bezahlung an Bord werden bereits im Hafenterminal die weit bekannten Plastikkarten an die Passagiere ausgegeben, mit denen sich jeder Gast beim Betreten oder Verlassen des Schiffes via Computersystem an- bzw. abmelden muss. Theoretisch dienen die Karten auch als Zahlungsmittel bzw. Nachweis an der Bar, in der Praxis merkt sich die Crew die Kabinennummer allerdings sehr fix oder akzeptiert auch den Kabinenschlüssel samt Nummer als Gedankenstütze. An Bord der Star Flyer herrscht nicht die große Anonymität wie auf den Megalinern, was die Abläufe letztendlich vereinfacht, die das Leben an Bord zudem unkomplizierter gestaltet. Hier ist jeder Gast ein König.

Die Kabinenschlüssel erhält man übrigens nach der Einschiffung in der Bibliothek an Bord, die Reisepässe werden für die Dauer des Aufenthaltes bei der Crew deponiert.

Nach einem kurzen Welcome Snack erkunden wir die Star Flyer in aller Ruhe. Jeder Meter auf diesem Großsegler ist ein Erlebnis für die Sinne, jede Minute länger an Bord entführt die Gäste in eine andere Welt. Die sonst nötige Eingewöhnungszeit in der man sich mit dem Schiff vertraut macht, entfällt eigenartiger Weise.

Alle Details und Hintergründe zur SY Star Flyer, über die Reederei Star Clippers und den Gründer Mikael Krafft sind in unserem Vorabbericht und im Schiffsportrait zu finden >>Link<<.

Die Kabinen der Star Flyer fallen mit einer Größe zwischen 8-22m² etwas kleiner aus als auf Hochseekreuzfahrtschiffen, überzeugen aber mit allen Annehmlichkeiten die man von einem vergleichbaren 4-Sterne-Hotel an Land erwartet.

Zur Standardausstattung aller Kabinen gehören: Flachbildfernseher, DVD-Player, Telefon, Safe und Haartrockner. Die Kabinen der Kategorie 1 sowie die Eignersuite (22m²) verfügen über eine Minibar sowie ein Marmorbad mit Whirlwanne. Die Kategorien 2-5 haben Bullaugen. Die meisten Betten können zu Doppelbetten zusammengestellt werden.

Die Kabinen aller Kategorien sind sehr maritim und ansprechend im Design, der wunderbare Charakter des Schiffes setzt sich hier ausnahmslos fort. Überrascht sind wir von den Bädern, denn ab der Kategorie 2 erwartet die Gäste bereits ein Marmorbad mit allem Komfort. Unser persönlicher Favorit sind die Kabinen der Kategorie 1 auf dem Haupt- und Sonnendeck. Sechs Kabinen befinden sich auf dem Hauptdeck und zwei weitere auf dem Sonnendeck. Von diesen Kabinen aus besteht ein direkter Zugang zum Außendeck. Um dem maritimen Erlebnis die Krone aufzusetzen, sollte eine Kabine der Nummern 504-509 gebucht werden. Diese sechs Kabinen haben einen direkten Zugang zur Teak-Promenade auf der Back- bzw. Steuerbordseite.

Star Flyer Blick auf Kabine 509 Kategorie 1

Foto: Star Flyer Blick auf Kabine 509 Kategorie 1  

Wie war das noch mit Agatha Christie an Bord des Nilschiffes SS Sudan? Schiffsliebhaber und Freunde jeglicher Schiffsromantik sowie Wertschätzer und Individualisten werden um diese Kabinen nicht herum kommen. Aber bei aller Begeisterung zu diesen Kabinen muss sich am Ende jeder die Frage stellen, wie lange die Verweildauer in diesem edlen Domizil am Ende sein wird. Genügt vielleicht doch eine Kabine der unteren Kategorien? Zu schön sind die Außenbereiche, zu verlockend die Teakdecks und zu mitreißend das Segelerlebnis auf diesem Schiff. Abgesehen davon sind auch die Kabinen der anderen Kategorien ein echter Hingucker und nicht weniger charmant eingerichtet wie die Kategorie 1 Unterkünfte. Kleiner Wehmutstropfen: die Bäder in allen Kabinen fallen bedingt durch die Bauart des Schiffes relativ klein aus und nicht selten stößt man beim Toilettengang auch mal den Fön von seiner Halterung an der Wand. Aber das sollte nur als Hinweis verstanden werden, um nicht all zu große Platzerwartungen an die Bäder zu stellen. Das limitierte Platzangebot hat aber auch einen Vorteil: Umfallen bei Seegang ist unmöglich.

Kabine 509 SY Star Flyer Kategorie 1

Foto: Kabine 509 SY Star Flyer Kategorie 1

Noch vor dem Dinner und dem Auslaufen erfolgt die Seenotrettungsübung.

Zum Dinner läuten die Glocken

Um 19:30 Uhr vernehmen wir das Geräusch einer Glocke auf den Decks. Wir sollen uns nicht täuschen, denn die Besatzung verkündet mit diesem Läuten die Öffnung des Restaurants.

Von 19:30 – 22:00 Uhr steht im Clipper Dining Room das Welcome Dinner bereit. Dieses wird à la carte in einer offenen Tischzeit serviert, was den Gästen eine große Flexibilität ermöglicht. Die Speisekarte wechselt täglich, die Zubereitung erfolgt stets frisch nach Bestellung. Die Tische zieren echte Flamingoblumen und auch die übrige Pflanzendekoration auf der Star Flyer besteht aus echten Grünpflanzen. Zum Dinner läuten nun also immer die Glocken an Bord, eine angenehme neue Erfahrung.

SY Star Flyer Dining Room

Foto: SY Star Flyer Dining Room

Der gespannte Blick in die Masten

Um 22:00 Uhr ist es endlich soweit, die Star Flyer ist klar zum Auslaufen! Eigentlich hätten wir an dieser Stelle einen Videoclip „drehen“ müssen, denn die Blicke der Gäste sind unbezahlbar, als ein langsames Klackern über das Sonnendeck schallt. Fast alle Köpfe drehen sich zeitgleich nach oben in die Masten der Star Flyer – voller Erwartung, was denn nun passieren wird. Offenbar ist ein Großteil der Passagiere zum ersten Mal an Bord, so wie wir. Die ernüchternde Erkenntnis, woher das Klackern rührt, folgt sogleich. Der Anker wird gelichtet. Gelächter ist zu hören. Ja, das sind die ersten Erlebnisse beim Auslaufen an Bord eines Großseglers.

Noch 4 Schäkel, noch 3 Schäkel…

Wieder fällt uns ein Glockenläuten auf, welches in unregelmäßigen Abständen auf dem Vorschiff zu hören ist. Was hat es damit auf sich? Auf großen Kreuzfahrtschiffen ist dieses Läuten nicht zu hören! Die Lösung ist recht simpel. Die Ankerketten auf Seeschiffen sind aus Längen von jeweils 25m zusammengesetzt und durch Schäkel miteinander verbunden. Jeder Schäkel ist weiß lackiert, so dass beim Lichten des Ankers leicht zu erkennen ist, wie viel Ankerkette bereits eingeholt wurde. Die Länge der ausgelassenen Ankerkette wird in Schäkeln angegeben, so entsprechen zum Beispiel 5 Schäkel einer Länge von 125m Ankerkette. Beim Lichten klingelt der Matrose nun bei jedem Schäkel um die verbleibende Restlänge im Wasser dem Matrosen an der Winde mitzuteilen. Dabei reduziert sich die Klingelfolge entsprechend der abnehmenden Länge. 4x Klingeln bedeuten 4 Schäkel, 3x Klingeln 3 Schäkel usw. Auf großen Kreuzfahrtschiffen ersetzt das Mikrofon das Glockenläuten, welches noch aus der Zeit der Großsegler stammt. Anker können auf größeren Schiffen grundsätzlich nicht einfach so gelichtet werden, da sie ordentlich in die Ankerklüse eingezogen werden bzw. an der Bordwand anliegen müssen. Sobald der Anker aus dem Wasser kommt, kann er sich noch drehen oder eben nicht in der korrekten Position hängen. Wird er einfach eingezogen, entsteht ggf. ein großer Schaden am Schiff.

Der Mond strahlt hell und reflektiert auf der gekräuselten Wasseroberfläche, aus den Lautsprechern ertönt „Conquest of Paradies“ und innerhalb von Minuten ist die Star Flyer mit ihren 16 Segeln, die eine Segelfläche von 3.365 Quadratmetern bereitstellen, voll aufgetakelt. Das Setzen der Segel erfolgt natürlich nicht mehr mühsam mit dem Gangspill sondern mit hydraulischen Winden, was keineswegs bedeutet, dass die Matrosen nur irgendwelche Knöpfe drücken und ihnen das Verständnis vom Segeln fehlt. Die Manöver laufen ab wie ein Uhrwerk, die Kommandos sind klar und präzise. Die Crew ist zum Teil von der ersten Stunde an dabei. Man fühlt sich hier gut aufgehoben.

die Brücke der Star Flyer

Foto: die Brücke der Star Flyer

Unsere erste Nacht bei Windstärke 7

Sie Star Flyer nimmt zügig Fahrt auf und schnell wird uns klar, warum Mikael Krafft, Gründer von Star Clippers, so fasziniert von den damaligen Klipperschiffen ist.

Gebannt schauen wir immer wieder in die aufgeblähten, weißen Segel an den vier Masten. Kein Motorengeräusch ist zu hören, entsprechend kein Vibrieren zu spüren. Beinahe lautlos zieht die Star Flyer in die dunkle Nacht hinein und nimmt Kurs auf die Küste von Korsika. An Deck herrscht Gänsehautfeeling! Wenig später zeigt die digitale Anzeige auf der Kommandobrücke eine Geschwindigkeit von 17 Knoten an! Das ist der Wahnsinn. Die Star Flyer liegt entsprechend der Krafteinwirkung durch den Wind auf die enorme Segelfläche, leicht schief, was der Stimmung an Bord keinen Abbruch tut. Was für ein Erlebnis!

Inzwischen hat sich die Tropical Bar gefüllt und wir haben das Gefühl die Gäste wollen nicht mehr schlafen gehen. Die meisten haben eine lange Anreise hinter sich und sind seit Stunden schon müde. Das ist heute aber egal.

Die Nacht ist sternenklar, der Wind weht weiterhin kräftig aus Nord-West, was die Star Flyer direkt in Richtung Korsika treibt.

Zugegeben, wir haben vor dieser Segelkreuzfahrt hin und wieder darüber nachgedacht, wie wohl das Seeverhalten auf der Star Flyer sein mag. Wir haben uns auch die Frage gestellt, ob es wohl windig werden würde, während unserer Zeit an Bord.

Nun erleben wir unsere erste Nacht bei Windstärke 7 und einer mittleren Dünung. Alle Bedenken lösen sich in kürzester Zeit in Luft auf, das Seeverhalten ist beeindruckend. Die neue Erkenntnis: nur mit ordentlich viel Wind wird eine solche Reise zu einem ganz besonderen Erlebnis. Einem Segelerlebnis eben. Es soll im weiteren Reiseverlauf noch eine Steigerung geben…

Irgendwann nach 02:00 Uhr fallen wir auch in unser Bett, schauen noch eine kurze Weile durch das Fenster auf das Meer hinaus und lassen uns sanft in den Schlaf schaukeln.