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Reisebericht Amazonas Kreuzfahrt MS Hamburg von Manaus nach Barbados mit Iquitos, Trinidad & Tobago vom 01.01.-27.01.2015

Teil 3 auf dem Amazonas mit Pevas und Iquitos

 

Tag 6: 06. Januar 2015, Fahrt mit der HAMBURG auf dem Amazonas zwischen Manaus und Iquitos

Der heutige Tag beginnt mit zwei positiven Aspekten. Wir haben aufgrund der Zeitumstellung eine Stunde gewonnen und zusätzlich zeigt sich der Himmel über dem Regenwald von seiner trüben Seite. Den ganzen Vormittag lang ist das Wetter nicht gerade einladend. Positiv ist dieser Umstand deshalb, weil wir nun zum ersten Mal nicht um 05:00 Uhr an Deck gestanden haben. Unser Zimmermädchen Yuliya wundert sich indessen über das ungewohnte, rote Schild an der Tür. ;-)

Gegen Mittag brennt sich die Sonne durch die Wolkendecke und am Ufer tauchen immer wieder kleine Siedlungen auf. Da der Fluss inzwischen erheblich schmaler geworden ist, sind deutlich die Rufe der Kinder zu hören, die bei Sichtung der HAMBURG in großer Anzahl ans Ufer laufen. Sehr schön zu erkennen sind die Holzhütten, die kleinen Boote und auch die Kirchen, die meist auf einem Hügel über den Dörfern thronen.

Dorf im Dschungel am Amazonas 06.01.2015

Foto: Dorf im Dschungel am Amazonas 06.01.2015

Bis zum Nachmittag beträgt die zurückgelegte Distanz seit Abfahrt in Manaus mehr als 1.600 Kilometer.

Immer weiter lichtet sich die Wolkendecke, der Himmel reißt sogar komplett auf und eine unvorstellbar schöne Lichtstimmung stellt sich ein. Zum Teil führt die Fahrrinne für die HAMBURG unmittelbar am dichten Urwald vorbei. Deutlich sind dann wieder die für uns vollkommen fremden Geräusche zu hören. Unter das Vogelgezwitscher mischen sich hunderte weitere Tonarten und versuchen sich gegenseitig zu übertreffen.

MS Hamburg im Regenwald des Amazonas 06.01.2015

Foto: MS Hamburg im Regenwald des Amazonas 06.01.2015

Nach einigen Tagen auf dem Amazonas bzw. auf dem Rio Solimoes lassen sich die unvorstellbaren Dimensionen dieses Flusses langsam realisieren. Ja, die beeindruckenden Zahlen über die Länge, die Anzahl der Nebenflüsse, die Tiefe und die Wassermengen die transportiert werden, sind bekannt. Doch was sagen all diese Informationen wirklich aus? In unserem Kopf sind die  bekannten Bilder des Rheins, der Donau oder des Nils gespeichert. Gegen den mächtigen Amazonas sind es winzige Rinnsale. Jetzt, wo der Amazonas deutlich schmaler geworden ist, beträgt die Breite immer noch bis zu 1.000 m.

Blick vom Bug der Hamburg auf den Amazonas 06.01.2015

Foto: Blick vom Bug der Hamburg auf dem Amazonas 06.01.2015

Die Temperaturen sind heute sehr angenehm und liegen bei nur 25 Grad. Dazu vertreibt ein frischer Wind die schwüle Luft und sorgt bis zum Abend hin für wunderbare Lichtkontraste.

Der ideale Zeitpunkt um viele Stunden einfach auf die kleinen Dörfer und den undurchdringlichen, grünen Dschungel zu schauen. Am frühen Abend erreichen wir die Grenzstadt Tabatinga, vor der wir auf Reede gehen. Der Aufenthalt dient lediglich zur Abwicklung der Grenz- und Einreiseformalitäten nach Kolumbien und Peru.

Tag 7: 07. Januar 2015, Fahrt mit der HAMBURG auf dem Amazonas zwischen Manaus und Iquitos mit Besuch in Pevas, Peru

Der Tag beginnt durchwachsen mit relativ frischen Temperaturen um 24 Grad. Dafür zieren nun zahlreiche Dörfer und Ansiedlungen das Flussufer, kleine Boote fahren auf die HAMBURG zu. Die Bewohner stehen, wie auch schon in den letzten Tagen, an den Ufern und winken unserem Kreuzfahrtschiff zu. Interessant in diesem Zusammenhang ist selbst in dieser abgelegenen Region, dass die Jugendlichen und Kinder über Mobiltelefone verfügen und die HAMBURG fotografieren. Viele Dörfer verfügen über Stromanschlüsse und kleine Einkaufsmöglichkeiten, über eine Kirche, Sportplätze und sogar eine Schule.

Dorf in Peru am Amazonas 07.01.2015

Foto: Dorf in Peru am Amazonas 07.01.2015

Der Amazonas zwischen Manaus in Iquitos ist definitiv eine faszinierende Reiseregion und steckt voller beeindruckender Momente. Man muss allerdings mit offenen Augen an Deck sitzen und den Blick schweifen lassen. Reisende die den Tag auf Sonnenliegen oder unter Deck verbringen und sich abends beklagen, dass sie nichts gesehen haben, trifft man leider all zu häufig.

kleine Ansiedlung im Regenwald von Peru am Amazonas 07.01.2015

Foto: kleine Ansiedlung im Regenwald von Peru am 07.01.2015

Die HAMBURG erreicht die Stadt Pevas in Peru

Pevas ist die älteste peruanische Siedlung am Amazonas und wurde im Jahr 1735 gegründet. Der Ort Pevas beherbergt heute etwa 3.000 Einwohner. Pevas verfügt seit kurzer Zeit über einige befestigte Straßen, allerdings nicht über Autos, keine Post und keine Bank. Das erste Telefon wurde erst im Jahr 1998 installiert. Inzwischen gibt es sogar Mobilfunk in Pevas, allerdings erlaubt das Netz keine brauchbare Internetverbindung. Die Daten werden lediglich mit GPRS übertragen, eine Technik die in Deutschland lange überholt ist. Der berühmteste Einwohner Pevas ist der Maler Francisco Grippa, dessen Atelier und Wohnhaus auf einem Hügel oberhalb von Pevas liegt.

Nachdem der Anker um 13:00 Uhr gefallen ist, folgt sogleich die Überfahrt mit den Tenderbooten zu einem kleinen Anleger an dem auch die Fähren festmachen. Die Passagiere der HAMBURG werden bereits von den ersten Kindern erwartet. Auch hier fällt sofort die Zurückhaltung auf, mit der die Einwohner auf uns zukommen. Kreuzfahrtpassagiere sind in Pevas zwar eine absolute Seltenheit, allerdings verirren sich hin und wieder Individualtouristen aus Iquitos in diese Stadt. Daher sind zumindest einige Einwohner mit Souvenirs ausgestattet. Dazu gehören handbemalte Tiere, Gemälde, (lebende!) Hühner, die Haut von Anakondas und Holzfiguren. 

Zunächst besuchen wir das Atelier und Wohnhaus des Malers Francisco Grippa und genießen die traumhaft schöne Aussicht von einem Aussichtsturm aus über Pevas und den Amazonas. Erstaunlich, dass alle Privatbereiche zugänglich sind und der Besucher sich völlig frei auf dem Gelände bewegen kann. Eintritt wird nicht verlangt, denn bei der extrem geringen Anzahl an Touristen wäre diese Einnahmequelle nicht lukrativ.

Blick vom Aussichtsturm des Malers Grippa in Pevas 07.01.2015

Foto: Blick vom Aussichtsturm des Malers Grippa in Pevas 07.01.2015

Wir verlassen dieses idyllische Refugium und suchen, wie soll es anders sein, unverwechselbare und prägende Eindrücke die uns das Leben in dieser Stadt näher bringen. Schnell werden wir fündig und erkunden jene Gegend in der die privaten Häuser der Einwohner von Pevas stehen. Wie bereits in Jutai erleben wir auch in Pevas überaus herzliche und gastfreundliche Menschen. Kinder posieren freudig vor der Kamera und freuen sich mehr über unsere mitgebrachten Bonbons als über Bargeld. Auf der ganzen Reise wurde uns bisher kein Fotowunsch von Personen verwehrt, was auch für uns in dieser Form eine neue Erfahrung ist. Es dauert nicht lange, da dürfen wir wieder in eines der Wohnhäuser und uns anschauen wie die Peruaner hier leben. Kaum eines der Häuser und Hütten besitzt Türen oder Fenster. Es gibt nur bei besser situierten Familien Betten, sonst wird in Hängematten geschlafen. Eine klassische Küche oder ein Bad gibt es ebenfalls nicht. Die Häuser sind auch nicht an die Kanalisation angeschossen und fließend Wasser wäre ein unvorstellbarer Luxus. Relativ gut ausgebaut ist das örtliche Stromnetz an das beinahe alle Häuser angeschlossen sind. Sehr wohlhabende Familien besitzen einen Röhrenfernseher. Aus Respekt vor der Gastfreundschaft und aus Anerkennung vor ihrem Besitz haben wir es vermieden, in den Häusern zu fotografieren! Die Eindrücke werden wir jedoch nie vergessen. Auffällig ist die Sauberkeit, die sich insbesondere durch die Gebiete auf dem die Wohnhäuser stehen, zieht. Unrat und Abfall ist praktisch nirgendwo zu finden, selbst unmittelbar am Flussufer glänzt alles vor Sauberkeit.

typische Wohnhaeuser in Pevas 07.01.2015

Foto: typische Wohnhäuser in Pevas 07.01.2015

Wir wollen mehr vom Leben in Pevas sehen und setzen unsere Erkundungstour fort.

Zunächst durchstreifen wir die kleine Stadt selbst und besuchen die Kirche sowie den zentralen Platz auf dem am Nachmittag eine wunderbar lebendige Atmosphäre herrscht. Aus Lautsprecherboxen tönen brasilianische, oder doch eher peruanische Klänge, die bis in die Nebenstrassen zu hören sind. An einem kleinen Grillstand, der nicht für uns Kreuzfahrtgäste bestimmt ist, brutzelt eine Art Putzerfisch, den wir nur in sehr viel kleinerer Variante aus Aquarien kennen. Insgesamt ist die Stimmung derart mitreißend, dass wir beschließen nach unserem Rundgang noch einige Minuten dort zu verbringen.

Strassenszene in Pevas am 07.01.2015

Foto: Straßenszene in Pevas am 07.01.2015

Wir durchqueren das zentrale Einkaufsviertel von Pevas und biegen gleich dahinter ab auf einen kleinen Weg, der uns zu den Wohnhäusern direkt am Fluss führt. Der Weg windet sich kreuz und quer in etwas erhöhter Lage am Flussufer entlang. Selbst bei hohem Wasserstand am Amazonas werden die Wohnhäuser und Wege nicht überflutet.  

Foto: Weg zwischen Wohnhäusern in Pevas am 07.01.2015

In dieser Wohngegend sind Touristen noch seltener anzutreffen als im Ort Pevas ohnehin schon. Die Bewohner der Häuser sind sichtlich überrascht, dass ein Fremder hier auftaucht, zeigen sich aber auch hier völlig liebenswert und mehr als freundlich. Wieder und wieder klicken die Handy-Kameras als „Beweis“ über die Anwesenheit eines Fremden zwischen den Wohnhäusern.

Kinder in Wohnhaus in Pevas am Amazonas am 07.01.2015

Foto: Kinder in Wohnhaus in Pevas am Amazonas am 07.01.2015

Nicht selten sind Hütten und Häuser zu sehen, die keine Wände haben und deutlich spartanischer ausgestattet sind als die jeweiligen Nachbarhäuser. Wir fragen uns, wie die Einrichtung bzw. die Betten sowie auch Fernsehgeräte bei den starken Tropenschauern und der allgemein extrem hohen Luftfeuchtigkeit funktionsfähig bleiben.

Wohnhaus in Pevas in Peru am 07.01.2015

Foto: Wohnhaus in Pevas in Peru am 07.01.2015

Es dauert meist nicht lange und die Kinder versammeln sich für süße Gruppenfotos oder zeigen stolz ihr sehr einfaches Spielzeug. Selfies sind offenbar auch im tiefsten Dschungel kein Fremdwort, denn die Kinder wollen nicht selten ein solches Foto mit uns und ihrer ganzen Familie drauf.  

Kinder auf Strasse in Pevas in Peru am 07.01.2015

Foto: Kinder auf Strasse in Pevas in Peru am 07.01.2015

Die Atmosphäre ist mal wieder kaum in Worte zu fassen, denn wenn man bedenkt in welch bescheidenen Verhältnissen die Familien hier leben, dann ist man überwältigt von der Freundlichkeit und Herzlichkeit die einem hier entgegen gebracht wird. Die letzte Skepsis, ob nicht doch der eine oder andere „Langfinger“ zugreifen könnte, verfliegt eigentlich nach wenigen Minuten schon. Es ist schön zu sehen, dass Menschen auch ohne unseren Luxus und den alltäglichen Wahnsinn leben können und damit noch glücklich zu sein scheinen. Kriminalität ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen, was für uns zu Beginn dieser Reise kaum vorstellbar gewesen ist.

Kinder beim malen in Pevas am Amazonas 07.01.2015

Foto: Kinder beim Malen in Pevas am Amazonas 07.01.2015

Ganze zwei Stunden verbringen wir in dem Gewirr an Wegen und Pfaden zwischen den Wohnhäusern in Pevas am Amazonas in Peru. Eine Zeit, die definitiv nichts mit den typischen Erlebnissen einer Kreuzfahrt zu tun hat, aber für uns einen unschätzbaren Wert aufweist und auch darüber nachdenken lässt, wie gut es uns daheim geht. Ob es uns wirklich besser geht, bleibt ungeklärt. Unsere Sorgen und Probleme sind hier völlig unbekannt und die Kinder scheinen viel fröhlicher zu sein als in unserer zivilisierten Welt. Die Kinder spielen miteinander, sie lachen viel fröhlicher und sind nicht auf materielle Dinge fixiert. Alle grundlegenden Dinge zum Leben sind vorhanden, die Familien ernähren sich meist von Fisch, landestypischen Früchten und Reisspezialitäten. Das Gesundheitssystem ist in sofern relativ gut ausgebaut als dass es ein kleines Krankenhaus gibt, auch ein Zahnarzt ist im Ort ansässig.

Wie geplant legen wir einen letzten Stopp auf dem zentralen Platz ein, auf dem nun Jugendliche Fussball spielen, Kinder über Seile hüpfen, Spiele sielen, sich miteinander beschäftigen oder einfach beisammen sitzen. Ein solches Bild der Harmonie ist bei uns völlig undenkbar und macht an dieser Stelle auch ein wenig traurig. Sind Luxus und Wohlstand wirklich alles oder sind wir nicht schon verdorben und können uns über kleine Dinge gar nicht mehr erfreuen? In unserer Wohlstandswelt laufen Kinder schon im Kindergartenalter mit iPads und iPhones herum, können sich anders oft nicht mehr beschäftigen. Hier spielen sie miteinander mit den einfachsten Dingen und sind dabei noch glücklich, denn sie vermissen all die elektronischen Bespaßungsmittel nicht – sie sind ihnen einfach unbekannt. So liebenswürdig wie wir die Kinder erleben, so zeigen sich auch die Erwachsenen. Offenbar ist in diesem Ort das Lächeln zu Hause!

alter Mann in Pevas am 07.01.2015

Foto: alter Mann in Pevas am 07.01.2015

Mit dem letzten Tenderboot fahren wir zurück auf unsere HAMBURG. Am Anlegeplatz tummeln sich unzählige Familien um uns zu verabschieden. Eine Reisegruppe aus Dänemark vollbringt für sich noch die gute Tat des Tages und kauft einen kompletten Fischstand mit lebenden Fischen auf, um diese kurz darauf im Amazonas in die Freiheit zu entlassen. Wir halten dieses Vorgehen allerdings für fragwürdig, denn damit wurde für die dortigen Familien quasi das Abendessen im Fluss versenkt. Eine gute Tat hätte man sicherlich auch auf andere Weise vollbringen können, nämlich an der Bevölkerung. Natürlich sind wir tierlieb, aber Fische sind nun mal Lebensgrundlage der Bevölkerung. Der heutige Tag war auf seine ganz eigene Weise einfach großartig und näher kann man den Bewohnern eines Dorfes eigentlich nicht sein. Abseits vom Tourismus, völlig unverfälscht und ganz alleine.

Den krönenden Abschluss bietet Mutter Natur uns in Form eines scheinbar brennenden Amazonas Flusses mit einem farbenfrohen Sonnenuntergang.

Sonnenuntergang bei Pevas in Peru am 07.01.2015

Foto: Sonnenuntergang bei Pevas in Peru am 07.01.2015

Um 18:00 Uhr verlässt die HAMBURG die Reede von Pevas und nimmt Kurs auf das 108 sm bzw. 200 km entfernte Iquitos. 

Tag 8: 08. Januar 2015 Besuch in Iquitos am Amazonas in Peru

Die Stadt Iquitos liegt im tropischen Regenwald des südamerikanischen Anden-Staates Peru und ist nicht auf dem Landweg erreichbar! Insgesamt leben etwa 400.000 Einwohner in Iquitos. Die Stadt ist weitgehend kommerzialisiert und das eigentliche Stadtgebiet zeigt nichts mehr von der exotischen Lage mitten im Dschungel. Wie auch Manaus profitierte auch Iquitos ab 1875 vom Kautschukboom und entwickelte sich rasch. Die Gummibarone zeigten ihren Reichtum in Form von prächtigen Villen, die noch heute zu bewundern sind. Heute floriert der Holz- und Erdölhandel bzw. der Tourismus gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Von Iquitos bis zur Mündung des Amazonas sind es nun stolze 3.650 km!

Um 07:00 Uhr fällt der Anker recht weit außerhalb auf dem zugewiesenen Reedeplatz der HAMBURG. Der Morgen ist grau und verregnet, ein frischer Wind weht bei Temperaturen um 24 Grad über die Decks.

Für den heutigen Tag haben wir einen organisierten Ausflug gebucht, da wir das schwimmende Dorf Belén anschauen möchten. Das schwimmende Dorf ist eigentlich ein eigener Stadtteil von Iquitos und stark von Armut, Unsauberkeit und zwielichtigen Bewohnern geprägt. Bevor es aber nach Belén geht, fahren wir mit einem landestypischen Minibus durch die Innenstadt von Iquitos. Da es keine Klimaanlage in den Bussen von Iquitos gibt, sind die fehlenden Fenster und die somit zugeführte Frischluft sehr willkommen. Die Fenster können bei Bedarf aus einer Art Schubfach hinaufgezogen und verriegelt werden. Der Bus ist zum Großteil aus Holz gefertigt, durch Spalten zwischen den Holzbohlen ist der Blick direkt auf die Straße möglich, eine Federung haben die Busse nicht. Wer vor der Busfahrt noch keine Rückenprobleme hatte, der bekommt sie quasi auf dieser Fahrt gratis dazu.

Innenstadt von Iquitos in Peru am 08.01.2015

Foto: Innenstadt von Iquitos in Peru am 08.01.2015

Die Fahrt durch den Stadtteil Belén erfolgt nach einer Panoramafahrt per Bus mit dem Motorboot, da nur auf diesem Wege die schwimmenden Häuser genau betrachtet werden können. Die Bewohner von Belén leben in Pfahlbauten oder in Hausbooten. Letztere schwimmen je nach Wasserstand oder liegen im Uferschlick. Im direkten Vergleich zu den Dörfern, Städten und Stadtteilen die wir bisher gesehen haben, zeigt sich Belén komplett anders. Sofort ist spürbar, dass es sich hier um den Stadtteil einer Großstadt handelt in dem die ärmste Bevölkerungsschicht lebt und die Blicke „neugieriger“ Besucher oftmals nicht willkommen sind.

Stadtteil Belen in Iquitos am 08.01.2015

Foto: Stadtteil Belén in Iquitos am 08.01.2015

Die Pfahlbauten befinden sich nicht selten in einem baufälligen und von Verfall geprägten Zustand. Das Abwasser der Bewohner wird direkt in den Fluss geleitet, gleichzeitig findet es Nutzung zum Waschen von Geschirr und Wäsche. Das ganze System der Pfahlbauten scheint für einen Fremden völlig undurchsichtig und verwirrend. Die Szenerien lösen mitunter auch Unbehagen aus, denn oftmals bekommen wir bei der Vorbeifahrt den „Stinkefinger“ gezeigt. Natürlich können wir die Beweggründe verstehen aber hier herrscht definitiv ein anderes Klima als in den beschaulichen Orten und Dörfern die wir bisher gesehen haben. Ein Besuch mit dem Boot wird von den dort lebenden Menschen sicherlich auch anders wahrgenommen als eine Annährung auf dem Landwege, was in diesem Fall nicht möglich ist. Als Besucher oder Tourist fährt man nun im Prinzip mit dem Boot direkt ins Wohnzimmer und dringt ungefragt tief in das Privatleben ein. Was auch immer die Bewohner in ihren Hütten, die oftmals keine Wände haben, tun - vom Wasser aus ist alles zu sehen. Eine Situation über die wir selbst auch nicht glücklich wären. 

Kinder im Stadtteil Belen in Iquitos in Peru am 08.01.2015

Foto: Kinder im Stadtteil Belén in Iquitos in Peru am 08.01.2015

In Belén spielt sich das Leben auf dem Wasser ab. Ohne Motorboot ist der Bewohner hier völlig aufgeschmissen und kann sich nur innerhalb des internen Stegsystems fortbewegen. Bisher haben wir den Begriff „Armut“ vermieden, denn er würde ein falsches Bild auf die zurückliegend besuchten Dörfer werfen. Hier in Belén lebt ein Großteil der Bevölkerung jedoch in großer Armut, wenngleich die meisten Bewohner zumindest ein Dach über dem Kopf haben.

Neben zum Teil schockierenden Wohnverhältnissen ist es unheimlich dreckig in Belén sowie auch in der Innenstadt von Iquitos. Zwischen den Häusern treiben Unmengen an Plastikmüll,  

Küchenabfälle und weiterer Unrat. Beißende Gerüche ziehen durch die schwimmenden Häuser und trüben den Gesamteindruck nochmals sehr. Es ist aus unserer Sicht kaum vorstellbar, dass in den vollkommen verwitterten und morschen Behausungen überhaupt Menschen leben.

Wohnhäuser im Stadtteil Belen in Iquitos in Peru am 08.01.2015

Foto: Wohnhäuser im Stadtteil Belén in Iquitos in Peru am 08.01.2015

Nach einer etwa 1-stündigen Rundfahrt durch das schwimmende Dorf Belén in Iquitos haben wir uns nach der Rückkehr in die Innenstadt von Iquitos auf eigenen Wegen in das Getümmel gestürzt und die Gruppe verlassen. Iquitos ist insgesamt eine sehr laute Stadt in der das Hauptverkehrsmittel zweifelsfrei die von einem 2-Takt Motor angetriebenen Tuck Tucks, Motorroller und kleine Holzbusse sind. Entsprechend ist die Luft von blauen Dunstwolken umgeben sie sich in der feuchten Luft kaum verziehen wollen.

Lohnenswert ist ein Besuch auf dem Markt von Iquitos, der sich noch im Stadtteil Belén befindet und auf dem trotz der Mittagszeit immer noch reges Treiben herrscht. Weder die Marktstände noch das Marktgelände sehen einladend aus. Die Markthändler stehen inmitten einer riesigen Schlammlache zwischen den Ständen und verkaufen dort jede Art von Kräutern, Obst, Gemüse und zum Teil undefinierbare Tiere. Die Atmosphäre ist dennoch einmalig und unbedingt erlebenswert!

Markt von Iquitos in Peru am 08.01.2015

Foto: Markt von Iquitos in Peru am 08.01.2015

Zu den Sehenswürdigkeiten in Iquitos gehört das „Eiserne Haus“, das Casa de Hierro, das während des Kautschukbooms von Gustave Eiffel entworfen und in Einzelteilen von Frankreich nach Iquitos transportiert wurde. Das Casa de Hierro liegt direkt an der Plaza de Armas, einem sehr schön angelegten Platz auf dem viele Bänke unter Schatten spendenden Bäumen zu einer Pause einladen. Die Plaza de Armas ist der Hauptplatz von Iquitos und wird von den Stadtbewohnern auch als zentraler Treffpunkt genutzt.

Nur wenige Gehminuten vom Plaza de Armas entfernt liegt der Malecón Tarapacá, eine Art Uferpromenade auf der geschäftiges Treiben herrscht. Händler haben ihre Stände aufgebaut, die Stadtbewohner verweilen unter riesigen, Schatten spendenden Bäumen oder kehren in eines der landestypischen Restaurants ein. Die Uferpromenade an sich zeigt sich in einem verfallenen und eher unschönen Zustand. Auf der unteren Ebene sind sicherlich einmal öffentliche Toiletten vorhanden gewesen, derzeit verfällt das gesamte Bauwerk aber zusehends.

Uferpromenade in Iquitos am 08.01.2015

Foto: Uferpromenade von Iquitos in Peru am 08.01.2015

Die Landeswährung ist übrigens der Peruanische Sol (PEN). Wechselkurs derzeit: 1,- PEN entspricht etwa 0,28 EUR bzw. 1,- EUR entspricht ungefähr 3,52 PEN. Auch US $ werden zum Teil akzeptiert, Banken tauschen diese aber auch problemlos in die Landeswährung um.

Für den Rückweg zum Liegeplatz der Tenderboote wählen wir das typische Tuck Tucks. Ein Erlebnis, welches man sich nicht entgehen lassen sollte. Mit halsbrecherischen Fahrmanövern flitzen die Fahrer gekonnt im Slalomkurs durch die Straßenschluchten von Iquitos. Die Fahrtpreise sind vergleichsweise sehr günstig. So zahlen wir für die einfache Fahrt von der Innenstadt zum Hafen umgerechnet nur 2 US $. Die Fahrtzeit beträgt etwa 15 Minuten. Die meisten Kreuzungen sind nicht mit Ampeln geregelt, dort wo es welche gibt werden sie aber beachtet.

Unser Fahrer legt auf dem Weg dorthin noch einen Zwischenstopp ein und zeigt uns die Anlegestelle der kleinen Handelsboote in Iquitos. Diese versteckt sich hinter einer weiteren, keinen Markthalle und ist mit dem erhöht gelegenen Ufer durch eine Holzbrücke verbunden. Die Eindrücke, die wir dort sammeln, sind fantastisch. In Schwerstarbeit werden Bananenstauden, Holzkohlesäcke, lebende Tiere wie das typische Pekari Schwein und viele weitere Handelsgüter mit Muskelkraft den Holzsteg hinauf direkt in die Markthalle transportiert. Dort wird die Ware direkt verarbeitet und verkauft.

Mann und Schwein in Iquitos 08.01.2015

Foto: Mann mit (lebendem) Pekari am Handelsplatz in Iquitos am 08.01.2015

Iquitos hat uns in jedem Fall auf seine Weise in seinen Bann gezogen und zeigt ein faszinierendes und zugleich auch bedrückendes Leben inmitten des Urwalds in Südamerika. Man kann kaum glauben, dass eine solch große Stadt nicht auf dem Landweg erreichbar ist. Die Bevölkerungsschichten variieren stark und leben auf einem relativ engen Raum beieinander. Die ärmsten Bewohner haben ihre Bleibe in den schwimmenden Hütten auf dem Wasser, die besser situierten oben auf dem Hügel bzw. direkt in der Stadt. In Iquitos ändert sich das Stadtbild zum Teil von einer zur anderen Straße, die Sicherheit ist zumindest bei Tageslicht aber recht ordentlich. Überall fährt die Policia Nacional del Peru Streife und vermittelt optisch den Eindruck von Sicherheit. Letztendlich fühlen wir uns zu keiner Zeit unwohl und kehren am Nachmittag zurück zur HAMBURG.

Um 16:00 ist die Abfahrt der HAMBURG vom Reedeplatz auf dem Amazonas vor Iquitos vorgesehen, die sich aber aufgrund von zwei zunächst vermissten Passagieren um fast eine Stunde verzögert. Wie sich später herausstellt, haben die Übeltäter offenbar in einer Bar zu tief ins Glas geschaut. Schließlich nimmt die HAMBURG Kurs auf das 273 sm bzw. 506 km entfernte Leticia in Kolumbien.

Der Abend endet heute mit einem üppigen Dessert-Buffet im Restaurant. Aufgrund der heißen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit sind am Buffet im Palmengarten kaum Obst- und Gemüse-Schnitzereien zu finden. Diese würden schon nach wenigen Stunden unansehnlich aussehen.