Im vierten Teil meines Reiseberichtes besuche ich eine der ältesten Städte Brasiliens und kreuze schließlich zu den Kapverdischen Inseln, die ganz anders sind als erwartet.
Die kommenden drei Tage wird die MS Hamburg auf See in Richtung Recife verbringen. Nachfolgend jeweils ein Auszug aus den Tagesprogrammen.
Foto: Regenbogen über MS Hamburg am 24.02.2020
Um 12:00 Uhr legt die MS Hamburg im brasilianischen Hafen Recife an. Mein Ziel wird heute jedoch nicht die Stadt Recife sein, die durchaus einen Stadtrundgang wert wäre. Ich unternehme einen Ausflug in die Stadt Olinda, eine der ältesten Städte in Brasilien. In Recife sind die meisten Plätze und Sehenswürdigkeiten aufgrund des Straßenkarnevals am heutigen Tag gesperrt und somit nicht anzusehen. Von der Pier aus geht es zunächst mit einem Shuttlebus in Richtung Hafenterminal, vor dem die Ausflugsbusse bereits auf alle Gäste warten. Die Fahrt in Richtung Olinda gestaltet sich, wie zu erwarten, nicht ganz reibungslos. Abgesehen von erheblichen Verkehrsbehinderungen in Richtung Olinda, kommt es in unmittelbarer Nähe des Ortes zu einer längeren Wartezeit. Da die Reisebusse für das Befahren der Straßen in der Altstadt von Olinda zu groß sind, müssen alle Ausflugsgäste in kleinere Vans umsteigen. Diese kommen letztendlich auch nur im Schritttempo voran. Die Straßen in Olinda sind während des Karnevals für Autos gesperrt. Für die Ausflugsbusse der MS Hamburg gibt es eine Ausnahmegenehmigung. Mit einiger Verzögerung erreichen alle Ausflugsbusse den Ortskern. Olinda macht auf den ersten Blick einen wunderbaren Eindruck.
Die Stadt Olinda befindet sich im Bundesstaat Pernambuco und ist eine der ältesten Städte Brasiliens. Gegründet wurde Olinda 1535 durch Duarte Coelho Pereira, dem Sohn Gonçalo Coelhos und stellt heute ein Juwel barocker Architektur dar. Seit dem Jahr 1982 gehört Olinda zum UNESCO-Welterbe. Im Jahr 1631 entstanden in Olinda erhebliche Schäden durch ein Feuer. Im Laufe der Jahrzehnte büßte die Stadt ihre Bedeutung immer mehr zu Gunsten Recifes ein. Olinda war der ursprüngliche Regierungssitz des Landstrichs Pernambuco, bevor 1823 die Hauptstadtfunktion auf Recife übertragen wurde. Olinda ist heute eines der kulturellen Zentren Brasiliens und nicht nur aufgrund seiner einzigartigen, farbenfrohen Kolonialbauten bekannt, sondern auch aufgrund des farbenfrohen Straßenkarnevals.
Die gesamte Gruppe besichtigt zunächst die große Hauptkirche von Olinda, die Catedral da Sé, die erhaben auf einem Hügel oberhalb der Stadt thront. Die Ursprünge der Kathedrale reichen bis ins frühe 16. Jahrhundert zurück. Im Vergleich zu vielen anderen Kirchen ist die Catedral da Sé sowohl im Innen- als auch im Außenbereich eher schlicht. Vom großen Hinterhof der Kirche aus bietet sich ein erster, herrlicher Blick über die bunten Kolonialhäuser von Olinda, die von einer üppigen Vegetation umgeben sind. Im Hintergrund ragen die modernen Hochhäuser der Stadt Recife empor. Nach dem Kirchenbesuch besteht die Möglichkeit, sich für etwas mehr als eine Stunde frei im Ort umzusehen.
Foto: Blick von Catedral da Se, Olinda auf Recife und MS Hamburg
Die Sonne brennt vom Himmel. Das Thermometer zeigt mehr als 30 Grad. Die Stimmung im Ort ist ausgelassen, überall stehen Straßenstände, es riecht nach gegrilltem Fleisch und undefinierbaren, alkoholischen Mixgetränken. Egal in welche Richtung aus man vom Hauptplatz vor der Kirche aus geht, immer steht man in einer kopfsteingepflasterten Straße mit pastellfarbenen Häusern aus dem siebzehnten Jahrhundert. Immer wieder eröffnen sich herrlich schöne Ausblicke auf die Stadt, die Landschaft und das benachbarte Recife. Viele kleine Restaurants und Cafés laden zum Verweilen ein. Nicht nur der Karneval wird in Olinda intensiv gefeiert, im Laufe eines Jahres werden zahlreiche, kulturelle Aktivitäten angeboten. Das Straßensystem in der malerischen Stadt ist ungeordnet und hinter jeder Ecke gibt es wieder etwas Neues zu entdecken. Es ist empfehlenswert, sich einfach durch die Straßen treiben zu lassen. Man wird mit immer wechselnden Eindrücken belohnt.
Foto: Strassenimpressionen aus Olinda, Brasilien
Es fällt während dem Karneval schwer, sich die Stadt mit ihrem sonst typischen Charakter vorzustellen, da viele Plätze und Straßenzüge hoffnungslos überfüllt sind. Überall wird getanzt und gefeiert. Dennoch gibt es einige Orte und Szenerien, die fast romantisch anmuten. Olinda ist in jedem Fall einen Besuch wert. Ob nun gerade zum großen Straßenkarneval oder doch lieber zu einem anderen Zeitpunkt, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Wer zum Karneval kommt, sollte sich bewusst darüber sein, dass die Straßen recht voll sind und man mitten drin im brasilianischen Lebensgefühl steckt.
Foto: Karneval in Olinda, Brasilien
Nicht versäumen sollte man einen Besuch auf dem Caixa d´Agua, was offenbar einmal der städtische Wasserspeicher gewesen ist. Viele Quellen sprechen auch heute noch von einem aktiven Wasserspeicher, an dem seitlich ein Glasfahrstuhl befestigt ist, der auf das Dach des Speichers führt. Diesen Fahrstuhl der sich „Elevador Panoramico“ nennt, gibt es zwar immer noch, er ist aber außer Betrieb. Dafür konnte ich innerhalb des Wasserspeichers durch ein verzweigtes Gewirr an Treppen hinauf auf das Dach steigen. Das gesamte Konstrukt ist hohl und wird demnach nicht mehr als Wasserspeicher genutzt. Wie auch immer, die Aussicht vom Dach aus ist fantastisch!
Foto: Panoramablick über Olinda, Brasilien
Nachdem wir Olinda wieder verlassen haben, geht es zurück nach Recife. Aufgrund der vielen Straßensperrungen dauert die Fahrt länger als üblich. Die Zeit reicht aber noch für einen kurzen Stopp am Praia de Boa Viagem in Recife, dem größten und schönsten Strand der Region.
Am Abend heißt es dann Abschied nehmen, nicht nur von Brasilien, sondern zugleich auch von Südamerika. Es geht nun direkt über den Atlantik in Richtung Praia auf den Kapverdischen Inseln.
Die Distanz beträgt 1.611 Seemeilen bzw. 2.984 Kilometer.
Zum Auslaufen um 19:00 Uhr lädt die letzte Poolparty auf dem Südatlantik dazu ein, das Tanzbein zu schwingen oder einfach nur bei einem Glas Wein die Atmosphäre an Deck zu genießen. Schließlich werden die Lichter der Stadt Recife immer schwächer und irgendwann verschwindet dann auch der markante Lichtkegel des Leuchtturms im Dunkel der Nacht.
Während der nächsten fünf Tage wird es kein Land mehr zu sehen sein.
Nachfolgend ein frei gewählter Auszug aus den jeweiligen Tagesprogrammen. Das tatsächliche Tagesprogramm ist deutlich umfangreicher.
Foto: Beim Frühschoppen MS Hamburg
Foto: unmittelbar vor der Äquator-Überquerung MS Hamburg
Nach fünf Seetagen kommt am Morgen endlich wieder Land in Sicht. Der Wind hat in der vergangenen Nacht jedoch enorm aufgefrischt. Im Durchschnitt haben wir Windstärke 6-7, in Böen 8. Entsprechend hoch sind die Wellen. Um 07:00 Uhr nähert sich die MS Hamburg dem kleinen Hafen Porto Novo auf der Insel Santo Antao. Nach mehreren bewölkten Tagen lässt sich die Sonne heute endlich mal wieder blicken. Sie geht gerade, scheinbar vom Morgendunst umhüllt, neben der Nachbarinsel Sao Vicente auf.
Kapitän Vladimir Vorobyov berät sich kurz mit dem Brückenteam, dann fällt die Entscheidung, dass ein Tendern bei diesem starken Wind und den Wellen nicht möglich ist. Plan B wäre, die MS Hamburg an der kleinen Pier im Hafen festzumachen. Diese ist nur 130m lang, was aber ausreichend wäre. Eine ganze Stunde lang versucht Vorobyov die MS Hamburg zuerst mit dem Heck voraus, dann mit dem Bug an die Pier zu steuern. Der Wind ist jedoch so stark, dass das Schiff bei allen Manövern den ankernden Fischerboten sehr nahekommt. Daher fällt am Ende die Entscheidung, dass Porto Novo ganz ausfallen muss. Sicherlich ist das sehr schade, denn die Insel Santo Antao gehört zu den schönsten des Archipels, doch aus meiner Sicht erscheint die Entscheidung die einzig richtige.
Foto: Anlegeversuch in Porto Novo, Santo Antao, Kapverden 02.02.2020
Der nächste Zielhafen liegt nur 8 Seemeilen bzw. rund 15 Kilometer weit entfernt, Mindelo auf der Insel Sao Vicente. Dort war die Ankunft der MS Hamburg erst für 14:30 Uhr geplant. Nun laufen wir bereits um 09:30 Uhr in Mindelo ein und bekommen den geplanten Liegeplatz entsprechend deutlich früher als geplant. Einziger Haken – die Beamten, die für die Freigabe des Schiffes verantwortlich sind und die Mitarbeiter der Touristikagentur, welche die Ausflüge begleiten, sind noch auf der Nachbarinsel. Sie sollten später mit der MS Hamburg übersetzen, müssen nun jedoch die nächste Fähre nutzen. Immerhin wird das Schiff schon wenig später als „clear“ gemeldet, so dass ich meinen Stadtrundgang frühzeitig beginnen kann.
Mindelo auf der Insel São Vicente wird von Kreuzfahrtschiffen häufig angelaufen, die von Europa in Richtung Südamerika oder Südafrika unterwegs sind bzw. in umgekehrter Richtung, wie die MS Hamburg aktuell. Mindelo ist die zweitgrößte Stadt der Kapverden. Derzeit leben etwas mehr als 80.000 Einwohner in Mindelo. Insgesamt sind die 15 kleinen Vulkaninseln der Kapverden, die in Form eines Hufeisens rund 600 Kilometer vor der Küste Senegals liegen, immer noch ein Geheimtipp. Die meisten Inseln verfügen über keinen größeren Hafen, in dem Kreuzfahrtschiffe festmachen können. Die örtliche Infrastruktur würde mit der Abwicklung größerer Passagierzahlen auch schlicht überfordert sein, denn es gibt bisher keine größeren Busse, mit denen Ausflüge unternommen werden können. Touristisch besonders erschlossen sind die Inseln Sal und Boa Vista. Die größte Insel ist Santiago mit der Hauptstadt Praia. Die Kapverden gehören geografisch zu Afrika – und das ist an jeder Ecke spürbar. Nicht nur aufgrund der kreolisch portugiesisch-afrikanischen Kultur und der traditionellen Morna-Musik, die durch viele geöffnete Fenster aus knarzenden Boxen ertönt. Die Kapverdianer lieben Musik, insbesondere Morna. Jene dem portugiesischem Fado ähnelnde, moll-lastige Musik, welche die Sorgen, Träume und Sehnsüchte der kapverdischen Seele zum Ausdruck bringt.
Foto: Blick vom Blue Marlin Hotel, Mindelo, Kapverden
Die Hafenpromenade wirkt etwas morbide, ist aber sehr belebt und hat einen gewissen Charme, dem man als Besucher entweder direkt erliegt oder sich abgeschreckt fühlt. Ich gehöre definitiv zur ersten Gruppe und genieße es, dass ich nicht von Touristenmengen mit Einkaufstüten aus Shoppingmalls überrannt werde. Solche gibt es in Mindelo noch nicht. Im weiteren Verlauf der Uferpromenade stoße ich auf einen Steg, an dem frisch gefangener Fisch ausgenommen, portioniert und verkauft wird. Gleich nebenan befindet sich eine Markthalle, in der Fisch in größeren Mengen angeboten wird. Der Markt wird ausschließlich von Einheimischen besucht und die undefinierbaren Gerüche unterstreichen den authentischen Charakter der Halle. Einen Steinwurf entfernt steht eine Nachbildung des berühmten Torre de Belem, diese ist jedoch deutlich kleiner, als das Pendant in Lissabon. In dieser Nachbildung befindet sich ein Museum und vom Dach aus hat man einen wunderbaren Rundblick über die Bucht von Mindelo. Der Eintritt kostet 2,- EUR. Der Euro wird auch in Münzen akzeptiert, obwohl die offizielle Währung der Escudo de Cabo Verde (CVE) ist.
Foto: Blick vom Torre de Belem in Mindelo, Kapverden
Kopfsteinpflaster dominiert das Bild der umliegenden Straßen. Die bonbonfarbenen Häuser, von denen der Putz abbröckelt, wirken zum Teil ähnlich pittoresk wie die monumentalen Bauten in Kubas Hauptstadt Havanna. Die Farben der Häuser wechseln von Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot bis hin zu Rosa. Rosa ist auch der beeindruckende Palácio do Povo, die ehemalige Gouverneursvilla, heute eine Kunstgalerie. Das Gebäude wurde 1874 im Kolonialstil errichtet und 1928-1934 teilweise erweitert. Es greift architektonische Elemente aus Indien auf. Ein Garten und ein Universitätscampus umgeben das Gebäude.
Foto: Palácio do Povo ehemalige Gouverneursvilla in Mindelo, Kapverden
Unbedingt sehenswert ist der Praca Estrela mit seinem African Market im Mittelpunkt. Hier trifft man sich zum Plausch und um über den orientalischen Markt zu schlendern. An den Straßenrändern, die den Platz umgeben, wird Obst und Gemüse an kleinen Ständen angeboten. Kinder toben unter den hallenartigen Bauten und rund um den Art-Déco-Kiosk, der sich mittig befindet. Es lohnt sich, einige Minuten auf einer der Bänke zu verweilen und dem quirligen Treiben auf dem Platz zuzusehen. Eigentlich wollte ich am Nachmittag eine Inselrundfahrt unternehmen. Diesen Plan verwerfe ich schließlich und lasse mich durch die Straßen von Mindelo treiben. Ganz in Ruhe und ohne Zeitdruck. Ich genieße die Atmosphäre und die Eindrücke.
Foto: Praca Estrela mit seinem African Market in Mindelo, Kapverden
Nicht jeder, der schon einmal in Mindelo war, wird meine Meinung teilen, soviel ist sicher. Mir persönlich gefällt diese Stadt aufgrund ihres afrikanisch-orientalischen Flairs. Ich erlebe die Stadtbewohner als überaus freundlich und gar nicht aufdringlich, trotz einem eher geringen Wohlstand, in dem sie leben. Mir gefällt es, dass keine Einkaufszentren oder US-Burgerketten das Bild dominieren. Es gibt keine plärrende Touristengruppen mit Selfie-Stangen, welche vor den schönen Gebäuden posieren. Ich genieße die Ursprünglichkeit und das unverfälschte Bild, das sich mir zeigt. Deutlich zu erkennen ist aber auch in Mindelo ein gewisser Wandel. Kleine, feine Hotels entstehen; vor dem historischen Stadtkern wird gebaut, die Löcher in den Straßen werden gestopft. Ich habe vor meinem ersten Besuch auf den Kapverdischen Inseln zwar eine gewisse Vorstellung von dem gehabt, was mich dort erwartet, ein so buntes und typisches Straßenleben habe ich jedoch nicht vermutet.
Am frühen Abend schaue ich mir noch den örtlichen Strand an, der sich westlich des Hafens befindet. Dieser gehört zwar nicht zu den schönsten, die ich bisher gesehen habe, überzeugt mich aber dennoch durch Sauberkeit, besonders feinen Sand und klares Wasser. An kleinen Strandbars erhält man gekühlte Getränke. Schade, dass neben diesem Strand ein neues Hotel erbaut wurde, welches mich an einen Wohnblock in Hamburg-Steilshoop erinnert.
Foto: Praia da Laginha beach, Mindelo
Am Abend nimmt die MS Hamburg Kurs auf die Insel Santiago bzw. auf den Hafen Praia. Die Entfernung dorthin beträgt 166 Seemeilen bzw. 307 Kilometer.
Für mich geht heute, nach 13.731 Kilometern zwischen Ushuaia und Praia eine wunderbare Kreuzfahrt zu Ende. Doch zum Fazit später mehr. Ich werde heute noch einmal an einem offiziellen Ausflug teilnehmen und den ganzen Tag lang Eindrücke von der Insel sammeln. Der Rückflug ist erst für den späten Abend vorgesehen und so lässt sich der Tag noch in seiner vollen Länge nutzen.
Santiago ist mit 991 km² die größte Insel der Kapverden und ebenfalls vulkanischen Ursprungs. Auch heute Morgen weht ein kräftiger Wind über die Decks der MS Hamburg. Nachdem die MS Hamburg im Hafen von Praia festgemacht wurde, erfolgt wenig später die Freigabe des Schiffes und die ersten Gäste, welche das Nachprogramm gebucht haben, gehen von Bord. Mein Ausflug beginnt erst um 10:45 Uhr, also rund 2 Stunden nach dem Anlegen.
Die höchste Erhebung von Santiago ist der Pico da Antonia mit 1.394m. Im Zentrum der Insel fällt ab und an Regen, so dass hier Landwirtschaft betrieben wird. Die Küstenregionen der Insel sind wüstenartig trocken.
Die Inselrundfahrt beinhaltet auch einen kurzen Aufenthalt bzw. Fußmarsch durch die Hauptstadt Praia. Die kleinen Reisebusse, maximal finden 16 Personen darin Platz, halten zunächst am Präsidentenpalast. Von dort führt der etwa 30-minütige Rundgang direkt durch die Innenstadt mit zahlreichen, schön angelegten Grünflächen und einem örtlichen Markt. Interessant finde ich den Kontrast zwischen Fortschritt und Tradition. Während die Jungend durchweg mit modernen Smartphones ausgestattet ist, pflegen die älteren Generationen ihre langen Traditionen und Tagesabläufe. Das ist bei uns in Nordeuropa zwar ähnlich, jedoch lange nicht so ausgeprägt und deutlich sichtbar. Zumindest habe ich in der Innenstadt von Hamburg noch niemanden gesehen, der an einem Brunnen im Park Wasser holt und danach auf einer Bank sitzend sein Gemüse putzt.
Foto: In der City von Praia, Santiago, Kapverden
Nach dem interessanten Stadtbesuch geht es in das Hinterland der Insel. Wir durchfahren malerische Orte, überqueren beeindruckende Gebirgszüge und bizarre, grün bewachsene Felsnadeln, fahren vorbei an Vulkankegeln, tiefen Schluchten und fruchtbaren Palmenoasen. Immer wieder winken uns die Bewohner in den kleinen Dörfern zu, die wir durchfahren und überall spielen Kinder auf den Straßen. Obwohl Santiago die bevölkerungsreichste Insel des Archipels ist, merkt man davon als Tourist nichts. Im Hinterland gibt es praktisch keinen Tourismus. An einem der höchsten Punkte der Insel befindet sich eines der wenigen Hotels in dieser Region, Quinta Da Montanha heißt es. Hier wird ein Stopp zum Mittagessen eingelegt. Der Ausblick vom Hotel aus ist fantastisch. Die Anlage ist liebevoll angelegt und gepflegt. Es gibt fließend Wasser und sogar kostenfreies WLAN. Beides ist nicht selbstverständlich auf der Insel, denn obwohl die Chinesen vor einigen Jahren einen Staudamm auf der Insel errichteten, ist dieser, mangels Niederschlägen, meist leer. Wasser erhalten die Bewohner der Dörfer nur in Form regelmäßiger Wasserlieferungen. Dann werden diverse Plastikbehälter an den Straßenrand gestellt, die mit Wasser aus einem mobilen Tankwagen gefüllt werden.
Foto: In den Bergen der Insel Santiago, Kapverden
Eigentlich war geplant, vom kleinen Hotel aus weiter in Richtung Nord-Osten über die Insel zu fahren. Das Programm wird aber zu Gunsten eines Besuches in der alten Hauptstadt von Santiago geändert. Die Fahrt führt also zunächst zurück bis vor die Tore Praias und dann entlang der Küste weiter nach Cidade Velha, der alten Hauptstadt in der Region Ribeira Grande. Auf dem Weg dorthin wurden mehrere Fotostopps eingelegt und es ergaben sich zahlreiche, herrliche Einblicke in das örtliche Leben und die Kultur der Inselbewohner.
Foto: Insel Impressionen Santiago, Kapverden
In der Anfangszeit der Besiedlung von Santiago strömten zwei große Flüsse durch das Tal, die sich kurz vor dem Meer vereinigten und dem Ort seinen ursprünglichen Namen Ribeira Grande (großer Fluss) gaben. Kurz nach der Gründung begann in Ribeira Grande, den heutigen Cidade Velha, ein düsteres Kapitel des Menschenhandels. Tausende von Sklaven wurden hier zusammengepfercht und machten Ribeira Grande zum größten Gefängnis der Geschichte. In der Sklavenbucht, wie Ribeira Grande auch genannt wurde, machten darüber hinaus berühmte Weltumsegler halt, um Wasser und Lebensmittel zu bunkern. Heute werden in diesem Tal Bananen, Zuckerrohr und Mangos angebaut. Die Häuser der Rua Banana aus dem 15. Jahrhundert wurden im Rahmen eines UNESCO-Projekts mit Originalsteinen exakt wieder aufgebaut und sind heute bewohnt. Seit 2009 ist ein Teil des Zentrums als UNESCO-Welterbe anerkannt.
Foto: Rua Banana in Cidade Velha, Santiago, Kapverden
Zum Schutz vor Piratenüberfällen wurde 1587 mit dem Bau des Forte Real S. Filipe begonnen, welches inzwischen nahezu vollständig restauriert ist und immer noch hoch über der Stadt thront. 1585 und 1586 überfiel Sir Francis Drake die Stadt zweimal. Wir besuchen dieses weitläufige Fort im Rahmen unserer geänderten Besichtigungsfahrt. Auf dem Ortsplatz von Cidade Velha erinnert heute noch ein Monument an den 400 Jahre dauernden Menschenhandel. Es ist ein bedrückendes Gefühl, durch diesen Ort zu gehen, wenn man sich die damalige, grausame Geschichte vor Augen führt. Andererseits beeindrucken die alte Baustruktur und der ursprüngliche Charme von Cidade Velha. Den heutigen Namen erhielt die Stadt 1572, als ihr der Titel „Stadt“ (portugiesisch Cidade) verliehen wurde. Vasco Da Gama und Christoph Columbus legten hier während ihrer Entdeckungsreisen an.
Foto: Blick auf Cidade Velha, Santiago, Kapverden
Nach einem letzten Rundgang durch die kleine Stadt mit ihren rund 1.200 Einwohnern heißt es Abschied nehmen, auch von den Kapverden. Der Bus bringt uns zurück zum Hafen und noch ein letztes Mal zur MS Hamburg. Schnell nutze ich noch einmal die Gelegenheit zu duschen, bevor gegen 20:00 Uhr der Transferbus in Richtung Flughafen fährt. Der Rückflug erfolgt mit einem Vollcharter von Plantours Kreuzfahrten. Eingesetzt wird eine 767 der TUI Netherlands. Pünktlich um 22:00 Uhr hebt der Langstreckenjet von der Piste des Nelson Mandela Aeroporto Internacional ab und setzt nach einem ruhigen Flug genau 6 Stunden später, am frühen Morgen des 04. März 2020, auf der Landebahn vom Flughafen Düsseldorf auf. Am Mittag erfolgt mein Weiterflug und somit die letzte Etappe in Richtung Hamburg. Nach mehr als 35.000 Kilometern und 35 Reisetagen bin ich zurück in der Heimat. 13.731 Kilometer entfielen dabei auf die Kreuzfahrt mit der MS Hamburg.
Die Kreuzfahrt durch die Chilenischen Fjorde, zum Karneval in Rio bis zu den Kapverden gestaltete sich außergewöhnlich abwechslungsreich und vielseitig. Mich haben sowohl die vielen gesichteten Tiere und die Naturschönheiten in Chile bzw. auf den Falklandinseln begeistert, wie ebenso der mitreißende Karneval in Rio. Dann war da noch das historische Olinda mit seinem quirligen Straßenkarneval. Buenos Aires und Montevideo dürfen nicht unerwähnt bleiben. Diese beiden Städte haben, jede auf ihre Weise, mit einer Vielzahl an Sehenswürdigkeiten, Kultur und abwechslungsreichen Stadtszenerien überzeugt. Am Ende warteten die Kapverden und wurden für mich zur positiven Überraschung mit ganz viel afrikanischer Kultur und einem ursprünglichen Lebensstil. Trotz der hohen Anzahl an Seetagen, die ich normalerweise nicht schätze, reihten sich mehr Highlights aneinander als während der Reise im letzten Jahr von Valparaiso nach Havanna.