Im dritten und letzten Teil meines Reiseberichts besuche ich mit der MS Hamburg das kleine Inselparadies Îles de la Madeleine, die Städte Gaspé, Percé, Baie-Comeau, Saguenay, Pointe-au-Pic und Quebéc, bevor die Kreuzfahrt für mich in Montréal endet.
Was für ein perfekter Tag, um heute das wohl außergewöhnlichste Stück Kanada mit dem Mietwagen zu erkunden. Das Thermometer zeigt 22 Grad, der Himmel ist blau, kaum ein Lüftchen weht über den Sankt-Lorenz-Golf. Auf den Îles de la Madeleine gibt es nicht nur Hummer zu Schleuderpreisen sondern auch 300 Kilometer feinste Sandstrände, Landschaften wie von Künstlern gemalt, saftig grüne Wiesen und ein tiefblaues Meer, soweit das Auge reicht. Die MS Hamburg ist von ihrer Größe her gerade klein genug, um direkt im Hafen an der Pier festzumachen. Schon das Einlaufen ist ein tolles Erlebnis. Kurz nach der Ankunft holt mich ein Mitarbeiter der örtlichen Mietwagenstation am Hafen ab. Keine 30 Minuten nach der Ankunft starte ich zur Inselrundfahrt.
Foto: MS Hamburg im Hafen Cap-aux-Meules, Iles de la Madeleine
Die Îles de la Madeleine ist eine kleine Inselgruppe aus insgesamt sieben Inseln, von denen sechs durch eine rund 100 Kilometer lange Straße miteinander verbunden sind. Auf den Inseln leben insgesamt knapp 15.000 Einwohner. Die französischsprachigen Nachfahren, der um 1760 vor den Briten aus Neuschottland und New Brunswick geflohenen Einwohner, bauten ihre knallbunten Häuser mitten auf die Wiesen und auf die Kuppen der Hügel. Die Häuser leuchten in allen erdenklichen Farben. Das Landschaftsbild wirkt auf mich kurioserweise beruhigend. Die Straße in Richtung Süden nach Havre-Aubert führt durch eine einzigartig schöne Landschaft. Das Wetter trägt zu diesem Eindruck natürlich seinen Teil bei. Ich habe manchmal Zweifel, ob ich gerade auf dem Highway No. 1 zu den Keys in Florida unterwegs bin oder auf einer Insel im Sankt-Lorenz-Golf in Kanada. Alles wirkt so unverschämt karibisch. Ich halte kurz an einem Strandabschnitt und staune erneut, denn das Wasser ist angenehm warm. In Havre-Aubert, ganz im Süden der Inselgruppe, scheint die Zeit stillzustehen. Der kleine Fischerort ist überschaubar in seiner Größe und besteht ausschließlich aus kleinen Holzhäusern, von denen nicht wenige bereits 200 Jahre auf dem Buckel haben.
Foto: Blick auf Havre-Aubert, ILes-de-la-Madeleine
Die Straßen sind blank geputzt, nirgendwo liegt Unrat in der Landschaft herum, Graffiti oder andere Schmierereien sind ebenfalls nicht zu entdecken. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Havre-Aubert gehört zu den schönsten Dörfern in Québec. Ich fahre entlang der gut ausgebauten Küstenstraße auf der Westseite der Inseln. Die Straße schlängelt sich zwischen Häusern, Scheunen, Kirchen und Wäldern hindurch und ist ein Genuss für die Sinne. Ein noch größerer Genuss folgt wenig später, denn ich erreiche die Küste beim Cap Herisse, an der sich auch ein schöner, 12m hoher Leuchtturm befindet. Der frühere Phare Du Borgot wurde 1874 an der Spitze des Cap Herisse erbaut und danach durch mehrere Neubauten ersetzt. Der heutige Leuchtturm ist der neueste auf den Îles de la Madeleine, er wurde erst im Jahr 1987 erbaut. Die Klippen erinnern mich in ihrer Form und Höhe sehr an die Algarve, nur dass die bis zu 30m hohen Felsen hier rot sind. Sie stehen aufgrund ihrer roten Färbung in einem schönen Kontrast zu den grünen Wiesen und den bunten Holzhäusern. Leider reicht die Zeit für einen längeren Spaziergang nicht aus.
Foto: Cap Herisse, Iles-de-la-Madeleine
Auf dem Rückweg halte ich kurz an der Église Saint-Pierre de La Vernière. Es ist die zweitgrößte Holzkirche in Nordamerika, gebaut im Jahr 1876. Wirklich schade, dass wir nur für einen halben Tag auf dieser traumhaften Inselgruppe verbleiben und ich den nördlichen Teil somit nicht mehr erkunden kann. Die Eindrücke sind dennoch außergewöhnlich schön und die Îles de la Madeleine begeistern mich am Ende des Tages in vielerlei Hinsicht. Wieder einmal zeigt sich, dass nicht unbedingt ein weltbekannter Name am Ortseingang stehen muss, damit dieser für immer in positiver Erinnerung bleibt.
Weiter geht die Reise mit der MS Hamburg um 18:30 Uhr in Richtung Gaspé, einer Stadt im Südosten der Provinz Québec.
Die Stadt Gaspé liegt am nordöstlichen Ende der Halbinsel Gaspésie am St.-Lorenz-Golf in der Provinz Québec. Gaspé hat durchaus auch einige Sehenswürdigkeiten zu bieten, ist meist aber Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung. Mich lockt heute der Hafenort Percé. In Percé mündet der mächtige St. Lorenz-Strom in den St. Lorenz-Golf. Wahrzeichen des Ortes ist der 88m hohe und 438m lange Kalksteinfelsen Rocher Percé, der bei Ebbe zu Fuß erreichbar ist. Von Percé aus fahren Boote zur benachbarten Vogelinsel Bonaventure, auf der mit 50.000 Tieren die größte Basstölpelkolonie Amerikas lebt. Einen erstklassigen Blick auf die Stadt mit ihrem markanten Felsen und der Insel Bonaventure im Hintergrund hat man während der Anfahrt von der Hauptstraße aus. Es besteht die Möglichkeit, mit einem Boot zur Vogelinsel und zum Kalksteinfelsen zu fahren. Ich schaue mir die Stadt an.
Foto: Blick auf Perce mit Felsen und Insel Bonaventure
Für Liebhaber historischer Gebäude bietet Percé eine ganze Reihe an architektonischen Schönheiten des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Ort ist bei den Kanadiern und Touristen gleichermaßen beliebt. Besonders schön ist ein Spaziergang entlang der wunderbar angelegten Uferpromenade. Es gibt in Percé noch eine Besonderheit, den UNESCO Geopark Percé, der sowohl Wanderer als auch Abenteurer und Adrenalinjunkies begeistert. Im Geopark bringt eine Multimediashow den Besuchern mehr als 500 Millionen Jahre Erdgeschichte näher. Erst im Jahr 2017 eröffnete auf dem 430m hohen Mont Sainte-Anne eine spektakuläre, frei schwebende Aussichtsplattform mit Glasboden! Die Aussicht von dort auf das 200m tiefer liegende Percé, den Percé Rock und die Insel Bonaventure ist phantastisch! Vom Hauptgebäude des Geopark fährt ein kleiner Shuttlebus mit 9 Plätzen zur Aussichtsplattform auf dem Berg. Alternativ führt ein Wanderweg durch den Wald hinauf. Aufgrund der begrenzten Zeit nutze ich für die Fahrt auf den Berg den kleinen Van und laufe durch den Wald zurück in das Tal. Eine tolle Kombination. Der Preis für die Aussichtsplattform liegt derzeit bei 8,- CAD, der Shuttle kostet pro Richtung 1,50 CAD. Ich vermute, dass die Preise sich bei steigender Touristenzahl noch erhöhen werden.
Foto: Geoparc glass platform, Perce, Kanada
Kurz vor der Abfahrt der MS Hamburg kehre ich zusammen mit den anderen Ausflugsgästen zurück nach Gaspé. Es war ein erlebnisreicher, spannender Tag mit einem sehr gut organisierten Ausflug.
Kreuzfahrtschiffe laufen Baie Comeau nicht oft an. Aus diesem Grund stehen auch viele Einwohner der 22.000 Einwohner Stadt am Ufer Spalier, als die MS Hamburg vor dem kleinen Hafen den Anker wirft. Die Stadt am nordwestlichen Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms ist in erster Linie ein Startpunkt für Ausflüge in das Hinterland. Zum Beispiel ins Tal der Seemuscheln. Da die jeweiligen Anlaufhäfen in der Regel aber auch sehenswert sind, entschließe ich mich heute wieder zu einem ausgedehnten Spaziergang in Richtung Stadtmitte. Schnell stelle ich fest, dass ich besser dem Tipp der MS Hamburg Reiseleitung gefolgt wäre und einen Ausflug gemacht hätte. Die Stadt Baie Comeau hat überhaupt nichts zu bieten. Es gibt eine eher unattraktiv gestaltete Einkaufsstraße, eine Kirche und eine Uferpromenade, die ganz hübsch angelegt wurde. Ein unmittelbar vor den Stadttoren stehendes Aluminiumwerk und eine Papierfabrik steigern die Attraktivität der Stadt zumindest für meine Augen nicht. Eine Wanderung vom Hafen zur City und zurück ist letztendlich ganz in Ordnung.
Foto: Hauptstrasse in Baie Comeau, Kanada
Heute ankert die MS Hamburg den ganzen Tag vor La Baie, einem der drei Bezirke der Stadt Saguenay. Im kleinen Hafen von La Baie, der über ein neues Kreuzfahrtterminal und einen großen Liegeplatz für Kreuzfahrtschiffe jenseits der 300m-Marke verfügt, herrscht heute Hochbetrieb. Sogar die örtliche Presse ist vor Ort. Noch nie haben vier Kreuzfahrtschiffe an einem Tag zur selben Zeit im Hafen festgemacht bzw. sind vor Anker gegangen. Da das Kreuzfahrtschiff Viking Sea heute das größte Kreuzfahrtschiff vor Ort ist, bekommt dieses den Liegeplatz zugewiesen.
Eine Folkloregruppe begrüßt alle Kreuzfahrtgäste am Hafenterminal mit Musik, örtlichen Spezialitäten und Oldtimern. La Baie liegt am Ufer der Ha! Ha! Bay sowie des gleichnamigen Flusses. Dabei handelt es sich nicht um einen Schreibfehler, denn es gibt sogar den Lac Ha! Ha!, die Pont du Lac Ha! Ha! und die Pyramide des Ha! Ha!. Dazu später mehr.
Die Infrastruktur wurde in den letzten Jahren deutlich ausgebaut und so stehen auch zwei Hop-On Hop-Off Busse nur für die Kreuzfahrtgäste der Schiffe bereit. Einer davon fährt zu den Sehenswürdigkeiten im Ort La Baie und der andere in die 20km entfernte Stadt Saguenay.
Foto: Oldtimer und MS Hamburg La Baie, Saguenay
Für derzeit 20,- US $ kann man beide Busse beliebig oft nutzen. Die Tourismuszentrale von Saguenay stellt dazu einen „Reiseleiter“, der während der Fahrt die Gäste mit vielen Informationen versorgt. Eine Prise Humor und einem Lächeln im Gesicht gibt es gratis dazu. Ich finde diesen Service klasse und er ist nicht vergleichbar mit den üblichen Angeboten, bei denen eine Standardstimme in 20 Sprachen vom Band dudelt.
Da der Bus nach Saguenay schon abfahrtbereit am Terminal steht, nutze ich diesen direkt. Obwohl ich am frühen Morgen der einzige Gast im Bus bin, wird die erste planmäßige Abfahrtzeit pünktlich auf die Minute eingehalten. Klasse! Nach 20 Minuten ist der erste Stopp erreicht, die Cathédrale de Chicoutimi am Ortseingang von Saguenay. An dieser Stelle muss ich meine Erklärung von heute Morgen konkretisieren. Wie mir der freundliche Guide im Bus nämlich erklärte, entstand Saguenay aus den kleinen Städten Chicoutimi, La Baie und Jonquière. Genau genommen befinde ich mich also schon seit heute Morgen in Saguenay und bin nun auf dem Weg in die ehemalige Stadt Chicoutimi. Das erklärt die entsprechenden Namen an Gebäuden wie der Kirche, an der ich soeben ausgestiegen bin. Vier Stunden lang schaue ich mir die markantesten Spots der Stadt an. Dazu zählt zum Beispiel das Museum La Pulperie de Chicoutimi. In diesem interaktiven Kultur- und Tourismuszentrum erfährt der Besucher sehr viel über die letzten 100 Jahre in der Geschichte von Chicoutimi. Kreuzfahrtgäste zahlen in diesem Museum nur 12,- USD (nicht CAD!) statt 19,- USD.
Foto: La Pulperie de Chicoutimi Museum
Unweit vom Museum La Pulperie de Chicoutimi befindet sich die Kirche Sacré-Coeur neben einer schön angelegten Parkanlage. Auf einer Anhöhe steht das Musée de la Petite Maison Blanche. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Wohnhaus aus dem Jahr 1890. Früher war es umgeben von vielen weiteren Wohnhäusern und Geschäftsgebäuden im Stadtviertel Basin. Während anhaltender Regenfälle und einer daraus resultierenden Flut am Chicoutimi River, sind viele Gebäude 1947 weggerissen oder beschädigt worden. Das kleine, weiße Haus jedoch blieb unversehrt. Im Sommer 1996 traf dann eine Jahrhundertflut die Region und richtete Schäden in Milliardenhöhe an. Es war die größte Flut in der kanadischen Geschichte, die nahezu alle Gebäude, Straßen und Bahnschienen in der Nähe des Flusses zerstört hat. Nur das kleine, weiße Haus blieb erneut völlig unversehrt und wurde zu einem Symbol einer ganzen Region. Das kleine Stadtviertel Basin verschwand völlig in den Fluten. Im Jahr 2005 wurde das berühmte Haus zu einem Museum und ein Teil des zerstörten Stadtviertels Basin in einen wunderschönen Park umgestaltet. Viele Gedenktafeln erinnern an die unvorstellbare Katastrophe, der ein kleines weißes Haus erneut getrotzt hat.
Foto: Le musee de la Petite Maison Blanche, Eglise Sacre-Coer und Park in Saguenay
Entlang der sehr schön angelegten Uferpromenade, die in einen weiteren Park übergeht, laufe ich zurück in Richtung Haltestelle. Auf dem Weg dorthin gibt es noch den hübschen Stadtkern mit seinem modernen Kulturzentrum, das Rathaus und eine Menge historischer Gebäude zu bestaunen. Chicoutimi ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Von der Haltestelle aus fahre ich mit dem Bus nach La Baie.
Wieder zurück am Kreuzfahrtterminal, starte ich nun meinen Rundgang durch La Baie. Vom Hospital de La Baie aus bietet sich ein toller Blick über die Stadt und die Bucht. 60-Fußminuten später stehe ich vor der 21m hohen Pyramide des Ha! Ha!. Sie stellt ein Denkmal aus 3.000 „Vorfahrt gewähren“ Verkehrszeichen dar. Erbaut wurde sie im Jahr 1998 in Gedenken an die Jahrhundertflut von 1996. Die Pyramide befindet sich in einem Park am kleinen Fluss Ha! Ha! Fluss. Auch er entwickelte sich aufgrund der starken Regenfälle damals zu einem reißenden Strom. An der Stelle des heutigen Parks stand damals eine Brücke, die von den Fluten mitgerissen wurde.
Foto: Pyramide des Ha Ha, La Baie, Quebec, Canada
In der Nähe der Pyramide befindet sich das Musee du Fjord, in das ein großes Aquarium integriert ist.
Am Ende des Tages habe ich ganz nebenbei meinen neuen, persönlichen Laufrekord aufgestellt und mehr als 30 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Eine Strecke die sich gelohnt hat. Meine Füße sind letztendlich dennoch froh, wieder zurück an Bord der MS Hamburg zu sein. Um 20:00 Uhr setzten wir die Fahrt in Richtung Pointe-au-Pic fort.
Nur noch etwa 140 Kilometer sind wir von der Provinzhauptstadt Quebéc entfernt und machen heute im kleinen Hafen von La Malbaie fest, genauer gesagt in Pointe-au-Pic. Der Fußweg vom Liegeplatz in Pointe-au-Pic nach La Malbaie ist mit 4 Kilometern gerade so lang, dass er sich in der heute zur Verfügung stehenden Zeit zurücklegen lässt. Die Stadt La Malbaie ist allerdings eher unspektakulär und bietet aus meiner Sicht keine Besonderheiten. Im Grunde ist der Weg dorthin an der Küste entlang interessanter als der Ortskern. Sehr schön anzusehen ist dagegen der kleine Ort Pointe-au-Pic, direkt am Liegeplatz der MS Hamburg. Die kleinen, bunten Holzhäuser erinnern an das typische Bild, welches man als Tourist im Kopf hat, wenn man an eine kleine Stadt in Kanada denkt. Einige der Häuser sind bewohnt, in anderen befinden sich saisonal Restaurants, Boutiquen oder Cafés.
Foto: Pointe-au-Pic waterside, Quebec, Kanada
Direkt von Pointe-au-Pic aus führt ein Treppenaufgang hinauf zur wohl größten Sehenswürdigkeit der Region, dem Hotel Fairmont Le Manoir Richelieu. Hinter den Mauern des historischen 5-Sterne-Gebäudes fand vom 8.-9. Jui 2018 der 44. G7-Gipfel statt. Die Terrasse des Hotels ist auch für Gäste zugänglich, die nicht im Hotel wohnen. Es lohnt sich, hier eine Pause einzuplanen, denn Atmosphäre und Aussicht sind spitze.
Foto: Hotel Fairmont Le Manoir Richelieu Terrasse, La Malbaie, Quebec
Nach Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Stadt Quebéc. Majestätisch liegt das hell erleuchtete Hotel Fairmont Le Château Frontenac am Ufer. Der Wind hat am Abend deutlich aufgefrischt und ein markanter Wetterumschwung deutet sich an. In Kanada herrschte in den letzten Wochen ein außergewöhnlich warmer Spätsommer, der leider in den kommenden Stunden von einem Tief verdrängt werden soll. Wie auch immer das Wetter in den letzten Stunden meiner Kreuzfahrt auch wird, ich hatte enorm viel Glück. Regen gab es kaum, die meiste Zeit lang konnte ich meine Erkundungstouren bei Sonnenschein genießen.
Foto: Quebec mit Hotel Chateau Frontenac am Abend, Blick von MS Hamburg
Den ganzen Tag lang liegt die MS Hamburg heute in Québec. Eigentlich reicht die Zeit, um am frühen Morgen eine ausgedehnte Stadterkundung zu starten. Es schüttet jedoch aus Eimern, die Temperaturen sind um 20 Grad gesunken und der Wind pustet mit Bft. 7 durch die Straßen. Eine so heftige Verschlechterung des Wetters hätte ich nicht erwartet. Zum Glück habe ich meine dicke Winterjacke dabei. Die brauche ich heute. Das Thermometer zeigt nur 7 Grad. Zur Mittagszeit hört wenigstens der starke Regen auf, der böige Wind bleibt. Mit dem Shuttlebus fahre ich direkt ins Stadtzentrum.
Die Liste an Sehenswürdigkeiten in Québec ist lang. Ich konzentriere mich heute auf den Stadtkern. Quebéc ist die größte ummauerte Stadt nördlich von Mexico und wurde bereits im Jahr 1608 gegründet. Die etwa 4,5km lange Befestigungsmauer rund um die Altstadt sind Teil eines Verteidigungssystems, dass Streitkräfte zwischen 1608 und 1871 errichteten. Bei einem Rundgang über die Stadtmauern kann der Besucher viele historische Gebäude bestaunen und ganz nebenbei einen tollen Blick auf den Sankt-Lorenz-Strom genießen. In Old Québec City gibt es außerdem ausgezeichnete Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Cafés und eine ausgeprägte Kunstszene. Seit 1985 gehört die Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe. Teil der Befestigungsanlage ist eine Zitadelle. Diese sternförmige Festung wurde im Jahr 1812 nach dem Britisch-Amerikanischen-Krieg gebaut.
Foto: Chateau Frontenac und Blick auf Sankt-Lorenz-Strom in Quebec
Dem einzigartigen Charme der Stadt erliegt man spätestens bei einem Besuch im Petit Champlain Viertel, einem der ältesten Viertel in Nordamerika. Ich schlendere gemütlich durch die mit Kopfsteinen gepflasterten Straßen und schaue mir die Boutiquen und Geschäfte an. Unweit entfernt befindet sich der Place Royale, der Platz auf dem Québec 1608 von Samuel de Champlain gegründet wurde. Hier steht auch die älteste Steinkirche Nordamerikas sowie ein riesiges Wandgemälde, welches die 400-jährige Geschichte der Provinz Québec zeigt. Ich lasse mich noch etwas durch die sehr schönen Straßen in der Altstadt treiben, laufe entlang der Promenade „Terrasse Dufferin“ und nutze einen Shuttlebus zurück zum Liegeplatz der MS Hamburg. Québec ist ein wunderbarer Abschluss meiner langen Kreuzfahrt von der grenzenlosen Natur in Grönland bis nach Kanada. Die Kombination aus wunderschöner Altstadt mit herrlicher Architektur, eindrucksvollen Befestigungsanlagen, hippen Restaurants und anderen Locations macht Quebéc zu einer außergewöhnlichen Stadt.
Foto: Petit Champlain Viertel in Quebec, Kanada
Doch Moment, ganz vorbei ist meine Reise noch nicht. Um 17:30 Uhr fallen die Leinen ins Hafenbecken und meine vorerst letzten 139 Seemeilen an Bord der MS Hamburg beginnen.
Um 08:00 Uhr in der Frühe erreicht die MS Hamburg die Millionenstadt Montréal. In Montréal leben etwa 1,7 Mio. Einwohner. Die Stadt liegt auf der Île de Montréal, der größten Insel im Sankt-Lorenz-Strom. Abgesehen von einer markanten Skyline aus modernen Wolkenkratzern wird das Stadtbild auch vom 233m hohen Mount Royal geprägt. Der Hügel ist vulkanischen Ursprungs und befindet sich im Zentrum der Insel. Der Name Montréal leitet sich von seinem Namen ab.
Foto: Blick von der MS Hamburg auf die Skyline von Montreal
Man mag es kaum glauben, aber Montréal ist perfekt zum Fahrrad fahren geeignet. Das Fahrrad wird von den Einwohnern der Stadt in großer Anzahl genutzt. Mehr als 350km Fahrradwege durchziehen die Stadt. Ich nutze daher heute das Angebot von Bord der MS Hamburg und leihe mir ein Fahrrad aus. Mit dem Drahtesel erkunde ich die nähere Umgebung. Anders als ursprünglich geplant, unterbreche ich die Erkundungsfahrt am Mittag. Es beginnt zu regnen.
Foto: Montreal Skyline mit Gänsen
Am frühen Abend schwinge ich mich erneut auf das Rad. Mein Ziel ist der Parc Du Mont Royal, der sich in 10km Entfernung zum Liegeplatz der MS Hamburg befindet. Die Fahrt dorthin führt mich direkt durch das Stadtzentrum. Ich bin beeindruckt, wie gut die Fahrradwege in einer so riesigen Stadt ausgebaut sind. Der Mount Royal ist die höchste Erhebung in der Stadt, was in Form langgezogener Steigungen gut zu erkennen ist. Da ich schon länger nicht mehr über größere Entfernungen mit dem Fahrrad gefahren bin, macht sich dies mit der Zeit bei mir bemerkbar. Doch ich halte durch. Der Park auf dem Mont Royal basiert auf Plänen, die 1876 von Frederick Law Olmstead erstellt wurden. Dieser zu seiner Zeit bekannte Landschaftsarchitekt gestaltete auch den Central Park in New York. Aufgrund der Schaffung einer Parkanlage auf dem Mont Royal konnte die 343 Hektar große Fläche auf dem Hügel vor jeglicher Art von Bebauung geschützt werden. Seit vielen Jahren treffen sich in diesem Park Menschen aus nah und fern. Besonders am Abend kann man von einer Terrasse einen sensationellen Blick über die gesamte Stadt Montréal genießen. Ich habe zwar nicht mehr daran geglaubt, aber zur schönsten Zeit des Tages reißt die Wolkendecke auf. Nun genieße ich tatsächlich diesen phantastischen Blick auf die Skyline.
Für mich der perfekteste Abschluss, den diese Reise haben kann!
Foto: Blick vom Mont Royal auf die Stadt Montreal
Noch ist meine Abendfahrt nicht beendet. Einen Abstecher muss ich noch machen. Und zwar zum Oratoire Saint-Joseph. Das 1904 eingeweihte und 1967 fertiggestellte Oratoire Saint-Joseph (St.-Josephs-Oratorium) ist der größte Sakralbau in Kanada und das drittgrößte Oratorium der Welt! Dieser bedeutendste Wallfahrtsort des heiligen Joseph zieht jedes Jahr mehr als zwei Millionen Besucher an. Die imposante Fassade des 105m langen, 37m breiten und 97m hohen Gebäudes wird von den letzten Sonnenstrahlen angeleuchtet.
Foto: St.-Josephs-Oratorium Montreal, Kanada
Da ich für den Rückweg eine andere Strecke wähle, die nicht wieder auf den Hügel hinauf durch den Park führt, lerne ich bei der Gelegenheit die andere Seite der Stadt kennen. Die Dunkelheit setzt nun relativ schnell ein, weshalb ich von weiteren Stopps unterwegs absehe. So ganz wohl ist mir nicht dabei, mit dem Rad über 6-spurige Straßen fahren zu müssen. Auch wenn das in Montréal unter Einhaltung der Verkehrsregeln erlaubt ist und die Autofahrer auffallend rücksichtsvoll unterwegs sind.
Nach einer 25km Fahrradtour kehre ich schließlich zurück zur MS Hamburg. Das letzte Mal während dieser Reise laufe ich die Gangway hinauf und ziehe meine Bordkarte durch den Scanner. Nun steht noch das Koffer packen auf meinem Plan, bevor ich den letzten Abend auf dem Sonnendeck genieße und die Erlebnisse noch einmal Revue passieren lasse. Eine ganz phantastische Kreuzfahrt geht in wenigen Stunden vorbei.
Bevor nun meine Heimreise bevorsteht und ich den Shuttlebus zum Flughafen nutze, schaue ich mir am Vormittag die „Stadt unter der Stadt“ an. Die Untergrundstadt ist ein weit verzweigtes Netzwerk von Fußgängertunneln unter dem Stadtzentrum. Unter Montréal verlaufen etwa 32km miteinander verbundene Gänge und Wege, die sowohl von der Métro als auch von S-Bahnen und Bussen bedient werden. Das dichte Gassengewirr wird täglich von etwa 500.000 Menschen genutzt. Mehr als 2.000 Geschäfte und Restaurants, 10 große Hotels, Museen, Theater und Universitäten können über diese Wege erreicht werden. Anders ausgedrückt sind etwa 80% aller Büro- und 35% aller Ladenflächen in der Innenstadt an das System angeschlossen. Insbesondere bei schlechtem Wetter oder im Winter ist das eine klasse Möglichkeit, äußeren Einflüssen zu entgehen. Entstanden ist das Tunnelsystem im Jahr 1962 mit dem Bau des Wolkenkratzers Place Ville-Marie, der über ein unterirdisches Einkaufszentrum und einen Tunnel zum Hauptbahnhof verfügt. Der Ausbau setzte sich über viele Jahrzehnte fort und fand im Jahr 2004 sein vorläufiges Ende.
Nach 4.032 Seemeilen bzw. 7.467 Kilometern verlasse ich in Montréal heute die MS Hamburg und reise zurück nach Deutschland. Mein Fazit zu dieser zurückliegenden Kreuzfahrt fällt wieder einmal recht kurz aus. Es ist eine Reise voller Kontraste und Gegensätze gewesen. Immer in Erinnerung bleiben werden die grönländischen Orte Qeqertarsuaq oder auch Ilulissat am Eisfjord. Qaqortoq war der letzte beeindruckende Hafen in Grönland, bevor das idyllische Red Bay als erster Hafen in Kanada angelaufen wurde. Zu den landschaftlichen Highlights in Kanada zählten die Magdalenen-Inseln sowie der Ort Percé. Mit den Städten Quebéc und Montréal rundeten zwei Megastädte die Reise am Ende ab und schufen einen harten Kontrast zu meinem Einstiegshafen in Kangerlussuaq. Abwechslungsreicher hätte die Route insgesamt nicht ausfallen können.
Mein Rückflug erfolgt mit einem Lufthansa-Linienflug nach München. Von dort aus reise ich nach Passau und starte zu einer Donaukreuzfahrt.