Am Samstag, den 23. März beendete die MS Albatros von Phoenix Reisen in Amsterdam die Winterkreuzfahrt „Rund um Afrika“ und legte noch am gleichen Abend ohne Passagiere in Richtung Hamburg ab, wo Sie am Mittag des 24.03. vor den Docks der Werft Blohm & Voss eintraf.
Zwar wird die elegante Lady, die 1973 als Royal Viking Sea das Licht der Welt erblickte und viele Jahre lang zu den luxuriösesten Kreuzfahrtschiffen der Welt gehörte, in regelmäßigen Abständen renoviert und ununterbrochen gepflegt, aber größere Schönheitskuren lassen sich eben doch nur in der Werft erledigen. Der Charme und die kleinen Altersfältchen dieses zeitlosen Schiffsklassikers hatten uns schon vor vielen Jahren während unseres ersten Besuchs an Bord überzeugt. Im Laufe des Schiffslebens nagen natürlich der Verschleiß sowie auch das Seewasser an der Einrichtung bzw. Schiffshülle.
Entsprechend lang ist die Liste an Erneuerungen und Modernisierungen der 205 m langen und 28.000 BRZ großen Schönheit, die im Laufe des relativ langen Dockaufenthalts abgearbeitet wird.
Foto: Ruderanlage und Schiffspropeller der MS Albatros
Hier ein Auszug aus der Liste der Erneuerungen/ Renovierungen:
Das sind zumindest die offiziell anstehenden Arbeiten, die erledigt werden müssen. Nun ist es aber so, dass bei einem Schiff dieser Altersklasse doch erheblich mehr „Kleinigkeiten“ ans Tageslicht kommen, wenn mit den eigentlichen Arbeiten begonnen wird.
Foto: Hamburg-Panorama von Bord der MS Albatros im Dock 10 von Blohm + Voss aus gesehen
Am 31. März haben wir uns an Bord der „Weißen Lady“, wie Kapitän Morten Hansen die Albatros liebevoll nennt, in der Werft von Blohm + Voss umgesehen.
Im Außenbereich täuscht der relativ ruhige Eindruck über all die Arbeiten im Innenbereich hinweg. Die beiden Propeller der Albatros werden demnächst demontiert, überholt und neu eingestellt, in die Außenhaut wurden Löcher geschweißt um die Tanks zu reinigen, viele Bullaugen fehlten und werden komplett ersetzt.
Foto: Heckansicht der MS Albatros im Dock 10 von Blohm + Voss
Zusätzlich tauscht man nach der Rumpfkonservierung und nachdem der neue Unterwasseranstrich aufgebracht ist auch die kompletten Zinkanoden am Schiffsrumpf aus. Diese Zinkanoden erfüllen nur einen Zweck – sie sollen korrodieren. Unter Wasser entsteht durch Elektrolyse, die bei verschiedenen Metallen das jeweils „unedelste“, weichste Metall abbaut bzw. korrodieren lässt. Man zieht bei der Montage von Zinkanoden also die Elektrolyse auf das Zink, das weiche Metall und verhindert so die Korrosion an Propeller, Welle oder Ruderblättern.
Foto: neue Zinkanoden für die Montage am Rumpf der MS Albatros
Schon beim Betreten der Albatros im Bereich des Pools auf der Lido-Terrasse ahnte man, was da so auf einen zukommen würde.
Keine Spur von Kreuzfahrtgästen auf Sonnenliegen, kein Geruch von Sonnenmilch in der Luft, keine Grünpflanzen am Pool aber immerhin karibische Musik, die aus den Lautsprechern von Harry´s Bar zu hören war.
Die mehreren, alten Farbschichten des Pools wurden gerade komplett entfernt, die Schutzgitter im Pool erneuert, das Teakholz auf dem gesamten Deck zum Teil komplett ersetzt, die Treppen zu den anderen Decks entrostet und mit neuen Holzbeschlägen versehen.
Foto: Poolbereich der Albatros mit Containern für den Abfall
Auf dem Apollo Deck darüber fehlten die Scheiben der Windschutzwände und der gesamte Teakholzboden. Letzterer sollte eigentlich aufgearbeitet werden, was aber nicht mehr möglich war wie sich auf der Werft herausstellte. In der Kürze der Zeit, in der die Albatros bei Blohm + Voss liegt war es schon beeindruckend zu sehen, dass beinahe alle Rostschutz- und Grundierungsarbeiten abgeschlossen waren. Damals verwendete man für die oberen Aufbauten und Windschutzkonstruktionen noch kein Aluminium sondern Stahl und somit sind die Rostschutzarbeiten nicht unerheblich auf einem Schiff dieses Baujahrs.
Foto: Windabweiser – vorbereitet für die Montage neuer Scheiben
Die sonst so einladende und gemütliche Kopernikus Bar auf dem Jupiter Deck nebst Whirlpool dient als Lagerplatz für Kabeltrommeln, Farbeimer, Leitern und Paletten mit Estrich für den neuen Bodenuntergrund. Die auffälligste Änderung wird zweifelsfrei der Einbau von Duschen im Bereich der Kopernikus Bar sein. Um das zu realisieren wurden neue Zugänge in Wände geschweißt und Toiletten umgesetzt, die an dieser Stelle ursprünglich mit einem Zugang von der anderen Seite eingebaut waren. Es ist nicht schwer gefallen sich vorzustellen, dass das Endergebnis überzeugen und sich bei den Gästen großer Beliebtheit erfreuen sollte.
Foto: hier entsteht eine neue Dusche neben der Kopernikus Bar
Foto: Kopernikus Bar als Lager für Materialien
Gemütliches Flanieren beim Sonnenuntergang – derzeit unmöglich. Der Stahlboden auf dem Sonnendeck wird entrostet, versiegelt und mit neuen Belägen versehen.
Foto: Erneuerung des Bodens auf dem Sonnendeck
Ein ähnliches Bild zeigt sich in der darunter liegenden Karibik Lounge. Die Teppiche werden erneuert und in diesem Zusammenhang auch der Bodenbelag. Es wird noch einige Zeit dauern, bis hier wieder die ersten Kreuzfahrtgäste die Aussicht über das Meer genießen können.
Foto: Karibik Lounge ohne Teppich und mit neuem Estrich
Auf der Steuerbordseite der Karibik Lounge sind Polsterer noch mit dem Zuschnitt neuer Sitzpolster für die Bestuhlung beschäftigt, bevor auch hier der Teppich entfernt und der Boden neu versiegelt wird.
Foto: Karibik Lounge Steuerbordseite noch mit altem Teppich
Vor der Karibik Lounge auf dem Jupiter Deck tummeln sich derzeit Polsterer für die hier vorübergehend eine improvisierte Polsterei eingerichtet wurde, was die Arbeitswege erheblich verkürzt.
Foto: provisorische Polsterei vor der Karibik Lounge der MS Albatros
Der schöne Flügel der Karibik Lounge gibt leider derzeit keine klangvollen Töne von sich. Damit er dies aber bald wieder macht, wurde er mit Folie und alten Teppichen gegen Staub und Beschädigungen geschützt.
Foto: Karibik Lounge mit verpacktem Flügel
Die Pazifik Lounge erhält neue Bodenbeläge und wird etwas umgestaltet. Ein Großteil aller Sitzbezüge wird erneuert.
Foto: Pazifik Lounge mit neuem Bodenbelag
Elegant wohnen schaut anders aus! Allerdings wird dies schon bald wieder möglich sein. Alle Bäder werden komplett erneuert, die Bodenbeläge gewechselt und die Balkone renoviert.
3-Fotos oben: Penthouse Suiten erhalten neue Bodenbeläge, Balkone und Bäder
Eine der insgesamt umfangreichsten Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen ist der weitere Einbau von Vakuumtoiletten. Zum Teil hat man bei einem früheren Werftaufenthalt schon damit begonnen. Da diese Leitungen das gesamte Schiff durchziehen und erhebliche Änderungen an den Toilettenanlagen vorgenommen werden müssen, schaut es für Laien entsprechend chaotisch in den jeweiligen Kabinengängen und Bädern aus. Auf dem folgenden Foto erkennt man sehr gut die alten, herkömmlichen Abwasserrohre die mit normaler Wasserspülung arbeiteten und somit immense Kosten verursachten. Das Foto zeigt den Blick vom Kabinengang aus hinter die Verkleidung in Richtung zweier Bäder. Gut erkennbar sind so auch die Öffnungen und Befestigungsstreben für die Toiletten. Die neuen Rohre für die Vakuumtoiletten sind auf dem zweiten Foto festgehalten.
In einigen Foren war immer wieder auch von verstopften Toiletten die Rede. Das ist jedoch kein typisches Problem der Albatros. Wenn man sieht, was alles in die Schiffstoiletten gestopft wird verwundert es wirklich, dass diese Systeme überhaupt funktionieren. Ganze Handtücher, Waschlappen, Unterhosen, großformatige Hygieneartikel und Essensreste – um nur einige Beispiele zu nennen. All diese Dinge und noch viel mehr landen in den engen Rohren der Schiffstoiletten – das möge man sich bitte vor Augen halten! Vielleicht bringt man dann auch etwas Verständnis dafür auf, wenn das System nicht immer einwandfrei funktioniert. Übrigens ist das auch auf neuen Schiffen so und liegt nicht zwangsläufig am Alter des Schiffes.
Foto: Die alten Öffnungen und Rohre des Toilettensystems. Blickrichtung vom Kabinengang aus hinter die Wandverkleidungen zu zwei Kabinenbädern.
Foto: die alten Abwasserrohre und die des neuen Vakuumsystems.
Auf dem Apollo Deck erhalten einige Kabinen nun auch Balkone, die hier bereits installiert sind. Die Wandverkleidungen werden in diesem Zusammenhang komplett erneuert. Was man auf diesem Foto nicht erkennen kann: In den darunter liegenden Kabinen wurden die Decken geöffnet um bei den Schweißarbeiten sicher zu stellen, dass in den Hohlräumen durch die Hitze kein Feuer entstehen kann.
Foto: Installation neuer Balkone
Foto: Außenansicht auf die bereits installierten Balkone
Foto: die neuen Balkone sind bereits installiert
Statt Badewanne erhalten einige Kabinen nun auch eine Dusche. Bei älteren Reisenden sind die Badewannen aufgrund der schlechten Zugangsmöglichkeiten nicht sehr beliebt. In diesem Zusammenhang gibt es eine weitere Besonderheit. Als das Schiff 1983 durch Einsetzen eines über 20 m Mittelstücks verlängert wurde, erhielt dieser Teil bereits einen doppelten Kabinenboden. Die jeweils alten Segmente dagegen weisen nur einen einfachen Bad- und Kabinenboden auf. Dort ist es nicht möglich, neue Rohrsysteme für Duschen zu verlegen. Die Aufteilung im Bad lässt es auch nicht zu, die bestehenden Rohre der Badewannen für neue Duschen zu nutzen. Somit wird Liebhabern der Badewanne auch künftig immer eine bestimmte Anzahl an Kabinen zur Verfügung stehen in denen diese zu finden sein werden.
Foto: der doppelte Badboden, wie er nicht auf dem gesamten Schiff zu finden ist
Das folgende Foto eines Kabinenganges auf dem Promenaden Deck zeigt die aufwändigen Arbeiten für die Installation des Vakuumsystems für die Toiletten sowie weiterer, technischer Erneuerungen. Man kann sich kaum vorstellen, dass in wenigen Wochen nichts mehr von diesem großen Umbau erkennbar sein wird.
Foto: Kabinengang auf dem Promenaden Deck
Da auf der Brücke der Albatros neue Geräte installiert bzw. ältere ausgetauscht werden, dessen Kabelverbindungen und Leitungen auch hinter den Verkleidungen der drei unterhalb der Brücke liegenden Suiten verlaufen, sind auch dort umfangreiche Baumaßnahmen erforderlich.
Foto: Umbau der Suiten und Durchzug neuer Kabelverbindungen für technische Geräte auf der Brücke darüber
Foto: Arbeiten in den Suiten auf dem Promenaden Deck
Gut zu erkennen, eine der bereits installierten Vakuumtoiletten, wie sie auf allen Schiffsneubauten inzwischen zu finden sind.
Foto: eine der neuen Vakuumtoiletten
Hier schlenderten einst die Passagiere durch elegante Bordboutiquen. Diese sucht man jedoch derzeit vergeblich. Statt elegante Damen beim Schmuck- oder Handtaschenkauf sieht man in den kommenden Wochen nur Arbeiter mit gelben Schutzhelmen und schwerem Arbeitsgerät. Die komplette Deckenkonstruktion wird erneuert und auch hier verlaufen die neuen Rohre der Vakuumtoiletten. Im Zuge des Umbaus wird auch die Raumaufteilung künftig eine andere sein.
Foto: die Deckenkonstruktion der Boutiquen wird komplett erneuert
Foto: kompletter Umbau der Boutiquen
Im Restaurant Möve riecht es im Moment nicht nach köstlichen Speisen und man hört keine netten Stimmen des Servicepersonals, welches die Gäste umsorgt. Stattdessen liegt Staub in der Luft, Trennschleifer dröhnen und die lauten Stimmen der Arbeiter hallen durch den fast leeren und zugigen Raum. Im Zuge der Renovierung werden auch die Fenster getauscht.
Foto: es wird noch einige Wochen dauern, bis im Restaurant Möve wieder leckerer Essensduft weht!
Foto: Arbeiten im Restaurant Möve
In der Atlantik Show-Lounge geht es im Moment etwas enger zu als auf einer Kreuzfahrt. Das liegt eindeutig daran, dass hier ein Teil der Bestuhlung aus den beiden Restaurants sowie auch Tische und Stühle aus den Bars lagern und nur zwei schmale Gänge Bewegungsfreiraum lassen. Bis zur nächsten Show wird jedoch jeder Stuhl und jeder Tisch wieder seinen Platz gefunden haben.
Foto: Atlantik Show Lounge als Zwischenlager für Möbel
Der Pool hinter der Lido Terrasse ist während des Aufenthalts an Bord fast komplett von alter Farbe befreit worden. Auch wenn man es als Besucher beim aktuellen Besuch an Bord kaum glauben mag aber alle Arbeiten liegen voll im Zeitplan. Über die Ostertage war es sogar möglich, einige Arbeiten ruhen zu lassen. Was man an Bord vergeblich suchte, waren Hektik und Stress. Das Schiff wird pünktlich fertig, da gibt es auf der Werft keinen Zweifel. Auch wenn einige ungeplante Zusatzarbeiten anfallen; zum Teil auch noch von einem vorangegangenen Werftbesuch auf einer anderen Werft.
Foto: der Pool wird komplett von alten Farbschichten befreit
Foto: die beiden mächtigen Propeller sowie die Ruderanlage der Albatros
Die Albatros im Dock 10 der Werft Blohm + Voss in Hamburg. Die eleganten Linien sind für Schiffsliebhaber eine reine Augenweide. Die beiden Schwesterschiffe der Albatros sind übrigens auch noch in Dienst, und zwar bei der britischen Fred. Olsen Cruise Lines unter den Namen Boudicca und Black Watch.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass mit einem Umbau in dieser Größenordnung weit mehr in Zusammenhang steht als es der Kreuzfahrtgast annehmen mag. Die ersten Gäste kommen in einigen Wochen wieder an Bord und erkennen vielleicht gar nicht, welch ein immenser Arbeitsaufwand und welch logistische Meisterleistung hinter einer solchen Renovierung steckt! Auch ist ein solcher Schiffsklassiker nicht immer so einfach zu renovieren, wie man es vielleicht vermuten mag. Als Beispiel seien nur die in diesem Bericht beschriebenen, doppelten Böden in den Bädern genannt. Manche Wände können nicht einfach versetzt werden, manche Bodenwelle nicht so einfach ausgeglichen und manche Altersfalte eben nicht komplett beseitigt werden. Aber seien wir doch mal ehrlich – Altersfalten können charmant sein und es stellt sich doch die Frage, wie all die modernen Bettenburgen mit einem Alter von 40 Jahren aussehen werden!
Je älter das Schiff um so aufwendiger die Renovierungskosten und je größer das Schiff umso mehr Schäden tauchen im Laufe eines Schiffslebens auf. Noch glänzen all die Neubauten und erfreuen sich eines peniblen Publikums, dass vielleicht über Schiffsklassiker wie die Albatros schmunzelt und meckert, aber der Zahn der Zeit nagt auch an den schwimmenden Glitzerwelten und irgendwann werden auch die Neubauten von heute zur Großbaustelle werden – sofern denn all die verbauten Materialien und all die Technik überhaupt so viele Jahre überdauern werden.
Der Preisdruck den die Reedereien auf die Werften für den Bau der Fließbandschiffe ausüben, wird unserer Meinung nach jetzt schon in Form von technischen Problemen an relativ neuen Kreuzfahrtschiffen sichtbar. Die Technik und das verbaute Material an Bord der MS Albatros ist dagegen solide und zuverlässig. Die „Weiße Lady“ braucht lediglich etwas Aufmerksamkeit und Pflege, dann wird sie auch weiterhin so sicher und mit viel maritimem Charme über die Meere kreuzen und vielleicht so manche „Bettenburg“ sogar noch überleben. Schön wäre es!
Die komplette Bildergalerie vom Umbau der MS Albatros finden sie hier => Bildergalerie
Die umfangreichen Arbeiten sollen am 15. April abgeschlossen sein. Dann wird die Albatros das Dock bei Blohm + Voss wieder verlassen und bis zum 17. April am Cruise Terminal festmachen. Am 18. April wird die Albatros in den frühen Morgenstunden in Bremerhaven erwartet und beginnt die erste Kreuzfahrt nach der Renovierung am 19. April in Richtung Frühlingssonne auf Madeira und zu den Kanarischen Inseln. Diese 17-Tage Reise ist fast ausgebucht – derzeit gibt es aber noch einige 2-Bett-Innenkabinen ab 2.299,-- EUR p. P.
Ein herzliches Dankeschön gilt im Zusammenhang mit der Bilderserie und dem Werftbericht an Phoenix Reisen in Bonn sowie an Frau Zeiselmeier von der MS Albatros.