Kreuzfahrten & mehr

08.November 2020: Sechs Monate Reisen während Corona-Krise

Persönliches Fazit nach Kreuzfahrten und Reisen während Corona-Krise

Meine persönlichen Eindrücke nach fünfzehn Kreuzfahrten und diversen Reisen mit verschiedenen Beförderungsmitteln, während der Corona-Krise in den letzten sechs Monaten.

Zunächst Kritik aus dem Umfeld

Ich reise bekanntlich in den meisten Fällen nicht aus Freizeit- und Urlaubsgründen mit unterschiedlichen Kreuzfahrtschiffen. Dennoch gab es einige Stimmen aus dem Umfeld, die Kritik an meinem Vorhaben und den geplanten Reisen während der Corona-Krise übten. Ich wäre ein Risiko für andere Menschen und würde für eine Ausbreitung von COVID-19 sorgen, so vereinzelte Meinungen vor meiner ersten Reise nach dem Lockdown im Frühjahr. Natürlich habe ich sowohl diese Meinungen als auch die Situation, in der wir uns schon zu Jahresbeginn befinden, sehr ernst genommen. Die erste Reise habe ich entsprechend  mit unterschiedlichen Gefühlen angetreten. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, welche Reisemittel ich für An- und Abreise nutze und wie ich möglichst den Kontakt zu anderen Menschen minimiere.

Ein halbes Jahr danach

Heute, ein halbes Jahr und fünfzehn Kreuzfahrten später, habe ich mein persönliches Fazit gezogen. Zu Beginn der verkürzten Saison 2020 sah ich in jedem Menschen, der hinter seiner Maske gehustet hat, einen „Infizierten“. Heute sehe ich die Situation erheblich entspannter, nein, nicht gleichgültiger. Ich habe mir ein eigenes Bild gemacht, während ich zugleich die Abstands- und Hygieneregeln streng beachtet habe. Nicht hinter jeder Straßenecke lauert ein Zombie, der nur darauf wartet, ein Opfer zu finden. Das ist völliger Unsinn. Zwischen diesen Kreuzfahrten durchlief ich mehrere Corona-Tests. Einen davon vor Beginn der Kreuzfahrt an Bord der Costa Smeralda. Alle Tests waren stets negativ. Die Stimmen der Kritiker sind inzwischen verstummt. Vielmehr stellten sie die Frage, wie man ein halbes Jahr lang, ohne sich anzustecken, eine so hohe Anzahl an Kreuzfahrten machen kann und darüber hinaus die unterschiedlichsten Transportmittel nebenbei genutzt zu haben. Vielleicht war es einfach Glück, möglicherweise war die Lösung aber auch ganz simpel: „Abstand halten, Kontakte vermeiden und die Hände desinfizieren.“

Unterschiedliche Konzepte, verschiedene Sichtweisen

Sowohl die Reedereien als auch die verschiedenen Transportunternehmen arbeiten nach unterschiedlichen Hygienekonzepten. Diese wurden von verschiedenen Medien bereits ausreichend beschrieben. Meist auf Einladung der Reedereien ist z.B. die Wirksamkeit der Konzepte auf Kreuzfahrtschiffen in den Fokus genommen worden. Ich halte persönlich alle Konzepte für wirkungsvoll, habe dennoch unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Gerade auf den Flusskreuzfahrtschiffen wurden während der letzten Monate einige Anpassungen vorgenommen. So ist die Einbahnstraßenregelung in den Kabinengängen auf vielen Schiffen wieder abgeschafft worden, weil sie einfach keinen Sinn machte. Letztendlich geht es darum, Kontakte mit anderen Reisenden zu vermeiden! Unter Einsatz des gesunden Menschenverstands hat dies hervorragend funktioniert. Im Laufe der Monate ergab sich ein reibungslos ineinandergreifendes System auf allen Schiffen, mit denen ich gefahren bin. Jede Reederei hat letztendlich die für ihre jeweiligen Schiffe passenden Konzepte im Detail optimiert. So fand das tägliche Fiebermessen zum Beispiel auf einem Schiff beim Abendessen im Restaurant statt, auf einem anderen nach Rückkehr von Landausflügen und wieder auf einem anderen zu täglich festgelegten Zeiten in der Lounge.

Warum keine verpflichtenden Coronatests auf Flusskreuzfahrtschiffen?

Eine Frage, die mir öfter im Laufe der Saison gestellt wurde. Nun, ich bin kein Virologe und habe die Hygienekonzepte auch nicht entworfen. Einige Reedereien haben die gesamte Sommersaison lang, vor jeder Reise entsprechende Antikörpertests durchgeführt. Soweit mir bekannt ist, waren die wenigen „Zwischenfälle“ an Bord einiger Flusskreuzfahrtschiffe nicht darauf zurückzuführen, dass vor Reisebeginn nicht getestet wurde. Letztendlich sind alle Tests nur Momentaufnahmen und müssten im Laufe der Reise wiederholt werden. In der Regel reisen die Gäste zu den Flusskreuzfahrtschiffen individuell an. Wer sich also bei der Anreise infiziert, fällt bei einem anschließenden Test nicht auf. Wie gesagt, ich bin kein Virologe, sehe aber persönlich keinen Vor- oder Nachteil darin, ob nun vor Reisebeginn auf einem Flusskreuzfahrtschiff getestet wird oder nicht. Auf allen Flusskreuzfahrten waren darüber hinaus individuelle Landgänge möglich. Auf keinem einzigen meiner zahlreichen Landgänge hatte ich Kontakt zu Einheimischen! Ich habe es als meine persönliche Pflicht gesehen, diese zu vermeiden.

Verpflichtende Coronatests vor Hochseekreuzfahrten

Auf allen Hochseekreuzfahrtschiffen wird hingegen entweder die Vorlage eines gültigen, negativen Corona-Tests bei der Einschiffung verlangt oder aber die Tests werden vor Ort durchgeführt. In jedem Fall aber sind die verpflichtend. Das minimiert zumindest das Risiko, einen Reisenden mit COVID-19 Infektion einzuschiffen.

Ein Haken an der „Bubble“

Ebenfalls zum Hygienekonzept bei Hochseekreuzfahrtschiffen zählt die Vorgabe, dass Landgänge nur dann möglich sind, wenn Ausflüge gebucht werden. Individuell sind insbesondere auf größeren Kreuzfahrtschiffen keine Landgänge möglich. Auf kleineren Kreuzfahrtschiffen gab es abweichende Regelungen. Die großen Reedereien begründen dieses Vorgehen mit einer Art „Bubble“, in der sich alle Reisenden befinden. Diese „Blase“ soll eine Infektion an Land minimieren. Ein Konzept, welches sicher sinnvoll ist, wenn größere Menschenmengen das Schiff verlassen und man nicht nachvollziehen kann, welchen Aktivitäten diese Personen an Land nachgehen und wo genau sie sich an Land aufhalten. Das Konzept dieser „Bubble“ orientiert sich am Wohl der Allgemeinheit, nicht an einzelnen Reisenden. Das macht Sinn. Dennoch hatte ich im Rahmen solcher gebuchten Landausflüge mehr Kontakt zu unterschiedlichen Menschen als auf meinen individuellen Landgängen. In einem kleinen Reisebus wurden zum Beispiel während eines Tagesausflugs alle Sitzplätze belegt. Theoretisch sind natürlich alle Reisenden „negativ“ getestet gewesen, dennoch hätte ich mir hier etwas mehr Abstand gewünscht. Und ob es zielführend ist, mehrere Reisegruppen in einen Souvenirladen zu schicken, in dem alle Reisenden dicht hintereinander an den Kassen stehen, vermag ich nicht seriös beurteilen zu wollen. Eine solche „Bubble“ mag eine gewisse Sicherheit gewährleisten, doch wer sich mit der Organisation von Landausflügen auskennt, der wird bestätigen, dass der Verkauf solcher Touren eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für die Reedereien darstellt. Fakt ist, dass ich auf zwei geführten Landausflügen mehr Kontakt zu fremden Menschen hatte als auf allen meinen individuellen Landgängen im Rahmen der Flussreisen. Reisen während der Corona-Krise erfordert in jedem Fall ein gesundes Maß an Selbstdisziplin. Die Verantwortung sollte nicht auf Reedereien, Agenturen oder die Beförderungsunternehmen übertragen werden.

Sicherer als an Land

Zusammenfassend sind aus meiner Sicht alle Hygienekonzepte auf Kreuzfahrtschiffen wirkungsvoll und sicher, solange sich alle Reisenden und die Schiffsbesatzungen an diese halten. Abstand zu anderen Menschen wahren und Kontakte vermeiden, ist aus meiner Sicht der beste Schutz gegen eine Infektion. Ich habe mich an Bord aller Kreuzfahrtschiffe sicherer gefühlt als an Land. Das war auch schon vor der Corona-Krise der Fall. Reisen während der Corona-Krise an Bord eines Kreuzfhrtschiffes ist nach Einführung weiterer, hochwirksamer Hygienemaßnahmen sicherer als ein Einkaufsbummel in der Innenstadt. Das belegen diverse unabhängige Studien.

Nutzung unterschiedlicher Beförderungsmittel

In diesem Zusammenhang teile ich nachfolgend meine Erfahrungen von der Nutzung anderer Beförderungsmittel, wie sie jeder Reisende im Rahmen seiner Reisen während der Corona-Krise nutzen kann.

Taxi

In den von mir genutzten Taxis in Deutschland bestand die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Außerdem sind in den Taxis in Deutschland meist Trennwände aus Plastik zwischen Fahrer und den hinteren Sitzplätzen angebracht

Bus (öffentlich)

Der Fahrer war in allen vier von mir genutzten Bussen „abgeschirmt“, im Fahrgastraum wurde zwar mit Schildern darauf hingewiesen, Abstand zu halten, was aber bei zunehmender Fahrgastzahl einfach nicht mehr möglich ist. Begrenzt wird die Anzahl der Fahrgäste nicht konsequent. Die Maskenpflicht wurde weitgehend befolgt.

Mietwagen

In den Mietwagenstationen galt Maskenpflicht, mit einer Ausnahme in Stralsund. Überall bei den großen Anbietern (SIXT / Europcar) wurde der Wagen mit desinfiziertem Lenkrad und Bedienelementen, Türgriffen und Gurten übergeben.

Flugzeug

Die von mir genutzten Maschinen der Lufthansa waren voll besetzt. Es wurden Desinfektionstücher beim Einstieg gereicht. Außerdem wurde strikt auf die Einhaltung der Maskenpflicht geachtet. Beim Ausstieg galt eine Strenge Vorgabe der Reihenfolge, so dass es zu keinen Ansammlungen gekommen ist, die man bisher kannte. Keiner der Reisenden stand sofort bei Erreichen der Parkposition im Gang. Weniger geordnet lief der Ausstieg auf den Flügen mit der KLM ab. Dafür sind auf einem Flug jeweils die Sitzreihen zwischen den Reisenden frei geblieben. Es wurden jeweils keine Desinfektionstücher beim Einstieg gereicht.

ÖPNV (S-Bahn)

In verschiedenen Großstädten zeigten sich mir zum Teil haarsträubende Szenen. Die Mund-Nasen-Bedeckung wurde oftmals nicht getragen, Jugendliche standen in größeren Gruppen zusammen, hielten keinerlei Abstand zueinander, betraten zum Teil provozierend, ohne Mund-Nasen-Bedeckung die Bahn. Als „schlimmsten“ Streckenabschnitt empfand ich die Verbindungen innerhalb Berlins und in Richtung Berlin-Tegel. Meine Eindrücke in anderen Großstädten waren nur unwesentlich besser.

Deutsche Bahn (Fernzüge)

Aus Sicht der Deutschen Bahn bin ich nur ein unwichtiger „Gelegenheitsfahrer“. Aus meiner Sicht muss mich ein Reisekonzept aber nicht nur als „Vielfahrer“ überzeugen, sondern von Beginn an. Nach immerhin 10 Fahrten in Fernzügen auf unterschiedlichen Strecken erlaube ich mir als zahlender 1. Klasse-Fahrgast dennoch ein entsprechendes Urteil. In allen Zügen bin ich aufmerksamen, freundlichen Zugbegleitern begegnet. In allen Zügen wurde auf das konsequente Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung hingewiesen. Soweit gut. Schade, dass selbst bei gerade eingesetzten Zügen die Tische zum Teil nicht gereinigt vorzufinden waren.  Gefüllte Desinfektionsspender fand ich leider in keiner der Zugtoiletten. Prinzipiell kein Grund für scharfe Kritik, doch Restaurants werden in diesem Zusammenhang z.B. kontrolliert und müssen alle Auflagen erfüllen. Als besonders unangenehm empfand ich die Tatsache, dass sich Mitreisende in regelmäßigen Abständen Essen aus dem Speisewagen kommen ließen, um so das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung zu reduzieren. Diese Erkenntnis ging aus einem Telefonat der betreffenden Person mit einem Familienmitglied hervor. Ob man während einer 4-stündigen Fahrt gleich vier Speisen bestellen muss, das entscheidet jeder Reisende natürlich für sich selbst. Nicht das Reisen an sich wird so zu einer Gefahr sondern der Egoismus einzelner Menschen.

Schlusswort

Natürlich wird es weiterhin Menschen geben, die der Meinung sind „Reisen braucht man nicht“ oder ist gerade völlig „unnötig“. Mir ist aufgefallen, dass immer die Dinge als „unnötig“ oder „unwichtig“ empfunden werden, die von diesen Personen selbst gerade nicht benötigt werden, oder die den eigenen Wohlstand gerade nicht einschränken. Ich sehe hinter dem Reisen nicht nur einen Job, sondern auch viele Einzelschicksale und hunderte Freunde, Bekannte und Geschäftspartner stehen. Ich bin beeindruckt, wie der Zusammenhalt in diesem Jahr funktioniert hat und habe so manche Gesichter in neuem Licht gesehen. Mal positiv, mal negativ. Reisen während der Corona-Krise (bzw. Pandemie) und Rücksichtnahme, keine Infektionen zu verbreiten, muss kein Widerspruch sein! Trotzdem ist dies kein Aufruf dazu, unüberlegt auf Reisen zu gehen.


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