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15.Oktober 2014: Oasis of the Seas: Veränderungen nach Werftaufenthalt stoßen auch auf kritische Stimmen

Oasis of the Seas: Veränderungen nach Werftaufenthalt stoßen auch auf kritische Stimmen

Die „Oasis of the Seas“ absolvierte erstmalig seit ihrer Indienststellung im Jahr 2009 zwei Mittelmeer-Kreuzfahrten, verbunden mit einer anschließenden zweiwöchigen Werftzeit in der Keppel Verolme Werft in Rotterdam. Gestern Abend nahm der 225.282 BRZ große und für bis zu 6.296 Passagiere zugelassene Kreuzfahrtgigant wieder Kurs auf die US-Ostküste.

Heckansicht Oasis of the Seas in Rotterdam am 14.10.2014

Foto: Heckansicht "Oasis of the Seas" in Rotterdam am 14.10.2014

Zur Abfahrt dieser schwimmenden Kleinstadt versammelten sich einige Tausend Schaulustige zwischen Rotterdam und Hoek van Holland. Uns ist aufgefallen, dass die Stimmen hinsichtlich Schiffsgröße und Passagierzahl der „Oasis of the Seas“ keineswegs nur positiv waren. Rechnet man die 2.165 Besatzungsmitglieder hinzu, so reisen immerhin bis zu 8.300 Menschen auf diesem Schiff. Damit hat die „Oasis of the Seas“ ungefähr so viele Gäste an Bord wie die Nordseeinsel Föhr Bewohner. Skeptisch blicken wir nun auf das dritte Schiff der „Oasis-Klasse“, welches abermals eine gesteigerte Passagierkapazität aufweisen wird. Als Problem ist weniger die Menge an Passagieren an Bord zu betrachten – hier verteilen sich die Gäste über das gesamte Schiff – sondern vielmehr die Abwicklung der Ein- und Ausschiffung. Wenn man sich die Passagierabfertigung in Rotterdam angesehen hat, dann war die Situation zeitweise chaotisch, wenngleich ein Großteil der Passagiere erst in Southampton an Bord ging. In Rotterdam mussten zusätzliche, provisorische Passagierbrücken errichtet werden, um die Passagiermengen überhaupt bewältigen zu können. Man mag sich nicht vorstellen, welche Zustände geherrscht hätten, wenn Aus- und Einschiffung am selben Tag erfolgt wären!

Rotterdam ist eine beachtliche Großstadt, verfügt über Erfahrungen mit Kreuzfahrtschiffen und ist seit Jahrzehnten in den Routenplänen von Kreuzfahrtreedereien aufgeführt. Schiffe wie die „Oasis of the Seas“ bringen allerdings nicht nur das Kreuzfahrtterminal von Rotterdam an seine Kapazitätsgrenze. Uns liegen zahlreiche Informationen vor, die ähnliche Probleme mit sehr großen Kreuzfahrtschiffen in anderen Hafenstädten belegen. Zu diesen Problemen zählen lange Ein- und Ausschiffungsprozesse, schlechte Taxi-Verfügbarkeiten, zu wenig Busparkplätze, verstopfte Zufahrtstraßen, zu wenig PKW-Parkplätze und zu kleine Wartebereiche in den Terminals.

Oasis of the Seas Abschied in Rotterdam am 14.10.2014

Foto: "Oasis of the Seas" Abschied in Rotterdam am 14.10.2014

Nicht nur Lob für Veränderungen bei Royal Caribbean

Nun hat aber auch die „Oasis of the Seas“ bei ihrem Werftaufenthalt Veränderungen mit auf den Weg bekommen, die nicht nur bereits für die „Quantum“-Klasse angekündigt wurden, sondern auch bei diversen Modernisierungen weiterer Schiffe Fakt sind. Und dies stößt nicht nur auf Gegenliebe. Ein Vielfahrer (Diamond Plus-Mitglied) auf Schiffen von Royal Caribbean war mit uns im Gespräch und spricht so manchem Stammgast aus der Seele:

„Wie bei so vielen Reedereien lässt sich auch bei Royal Caribbean ein bedenklicher Trend erkennen. Es wird zentralisiert, mit Traditionen gebrochen, Profit auf Kosten des Komforts erzielt und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gefördert. So ist es aus Kundensicht sicherlich keine gute Entscheidung gewesen, die Telefonzentrale von Frankfurt nach Amsterdam zu verlegen. Hier sollen lt. Reederei die Kräfte europaweit gebündelt und ein einheitlicher Service geboten werden. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass man nun noch länger in der Warteschleife hängt, es teilweise Verständigungsprobleme gibt und bei Preisaktionen teilweise eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Das Ergebnis sind gefrustete Kunden schon vor der Buchung.

Was an Bord die Abschaffung von Traditionen wie dem ‚Towel Animal‘, der Darbietungen der Kellner und nicht zuletzt des Abendessens im Hauptrestaurant angeht, so hat man hier ein paar ganz heiße Eisen angefasst. Man darf nicht unterschätzen, wieviel Bedeutung langjährige Passagiere solchen Dingen beimessen. Für viele war Royal Caribbean bis zuletzt die ‚rettende Insel‘ unter den Mainstream-Reedereien. Es wurde deswegen gebucht, weil man auf tollen, großen, innovativen Schiffen reisen und trotzdem ein traditionelles Kreuzfahrterlebnis mit festen Tischen und Speisezeiten, vertrautem Tischpersonal und festlicher Atmosphäre an den formellen Abenden erleben konnte, und dazu gehörte halt auch die Begrüßung durch das Handtuchtierchen auf der Kabine nebst Betthupferl. Jetzt, wo nach und nach diese und weitere Traditionen wegfallen, blickt der Kunde schon mal eher nach rechts und links, bevor er bucht.

Dazu kommt, dass jeder Quadratmeter Freiraum ausgequetscht wird. Leider kommt dabei auch jeder bereits genutzte Raum auf den Prüfstand. So verschwinden von den Schiffen nach und nach geliebte Einrichtungen und Rückzugsorte und machen Platz für zusätzliche Kabinen. So bereits geschehen mit den großartigen Discos auf ‚Voyager- und Freedom‘-Klasse-Schiffen. Oder es wird aus der ‚Viking Crown Lounge‘, einst Wahrzeichen eines jeden ‚Royal-Schiffes‘, einmal ein Bezahlrestaurant, ein anderes Mal (wie aktuell bei der ‚Oasis‘) eine  ‚Suite Lounge‘, zu der die Mehrzahl der Gäste wohl keinen Zutritt mehr haben wird. Die öffentlichen Balkone, die auf der ‚Oasis‘ einen wunderbaren Blick auf das Aqua Theater boten – weg. Hier passten weitere Kabinen hin. Noch extremer das Beispiel der ‚Navigator of the Seas‘: Hier wurde Deck 12 quasi komplett umgebaut und der SPA-Bereich verkleinert, welches allein 38 zusätzliche Kabinen brachte. Doch all das bedeutet auch eine spürbare Verschlechterung des Verhältnisses von Platzangebot pro Passagier und auch von Passagier und Besatzung.

Und überhaupt – die Vermischung aller Passagiere scheint seitens der Reederei ohnehin nicht mehr gewollt zu sein. Die Einschränkung des Zutritts in die Viking Crown ist da nur ein Beispiel, denn immer häufiger sieht man Schilder, Absperrkordeln und Hinweise auf ‚exklusive Bereiche‘, in denen der Normalzahler eben nicht gern gesehen ist. Dies sind z. B. im Theater verschiedene Reihen mit bestem Blick zur Bühne oder auch die begehrtesten Liegeplätze am Pooldeck. Und die ‚Oasis‘ wird demnächst ein Restaurant nur für Passagiere mit Zutritt zur Concierge Lounge haben. Die Konkurrenz lässt grüßen…

Oasis of the Seas auslaufend  Rotterdam am 14.10.2014

Foto: "Oasis of the Seas" auslaufend Rotterdam am 14.10.2014

Gewiss, es ist momentan noch ein ‚Jammern auf hohem Niveau‘, doch allein durch Innovationen und Größe wird Royal Caribbean auf Dauer nicht seine vielen Stammgäste halten können. Der Mensch ist nunmal ein Gewohnheitstier und gibt nicht gerne her, was ihm lieb und teuer ist. Die ‚Crown & Anchor Society‘ ist eine eingeschworene Gemeinschaft mit Millionen von Mitgliedern. Eine gleichnamige Facebook-Gruppe hat mehr als 22.000 Mitglieder, die sonst immer wieder betonen, wie lange sie schon ‚loyal to Royal‘ sind. Noch. Denn auch hier wird sehr rege und kontrovers diskutiert, was den Passagieren momentan an gravierenden Änderungen präsentiert wird.

Achtung, Royal Caribbean: das ‚WOW‘ verstummt wohlmöglich schneller, als es allen lieb ist.“

  • komplette Bildergalerie "Oasis of the Seas" verläßt Rotterdam am 14.10.2014 <<Link>>

 


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