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20.Februar 2013: Fährt ein Kreuzfahrtschiff genau die Strecke der Routenkarte im Kreuzfahrtkatalog? Und was ist eine Seeschifffahrtsstraße?

Fährt ein Kreuzfahrtschiff genau die Strecke auf der Routenkarte im Kreuzfahrtkatalog? Und was ist eine Seeschifffahrtsstraße?

Immer wieder hört man spannende Diskussionen zu diesem Thema. In diesem Zusammenhang taucht stets die Frage auf, ob die Kreuzfahrtschiffe die auf den Routenkarten angegebenen Strecken genau so auch fahren? Teilweise sind große Meinungsverschiedenheiten zu vernehmen.

Die wohl abenteuerlichste Diskussionsrunde hat folgende Routenkarte aufgeworfen, die letztes Jahr auf der Website einer bekannten Reederei auftauchte. Die Reederei hat die Routenkarte für die Abfahrten in 2013 inzwischen durch eine genauere ersetzt; dennoch findet man diese Routenkarte weiterhin an anderen Stellen im Netz.

Route Ijsselmeer Muster

Demnach fährt ein über 70.000 BRZ großes Kreuzfahrtschiff mit einer Länge von mehr als 250 m, einer Breite von über 30 m und einem Tiefgang von 7,3 m problemlos durch das Ijsselmeer! Abgesehen davon, dass eine Schleusung in Kornwerderzand bzw. Den Oever und Lelystad überhaupt nicht möglich wäre, die durchgehende Wassertiefe des Ijsselmeer nicht ausreichend und das Wattenmeer zwischen den Ostfriesischen Inseln und dem Festland die Reise schnell beenden würde, darf ein Schiff nur innerhalb der Seeschifffahrtsstraßen von einem Hafen zum nächsten fahren!

Deshalb sind die Routenkarten in den Katalogen der Reedereien aber nicht automatisch falsch! Sie werden nämlich nicht von so genannten Kartografen erstellt sondern entstehen in den Grafikabteilungen der Reedereien und sollen lediglich eine Übersicht und eine Orientierung für die Kunden darstellen, welche Häfen wo liegen und welche Route ungefähr gefahren wird. Das schaut natürlich ansprechender aus wie eine reine Textbeschreibung.

Kreuzfahrtschiffe und natürlich auch alle anderen Schiffe müssen sich innerhalb der Seeschifffahrtsstraßen bewegen und selbstverständlich alle Schifffahrtszeichen beachten. Zwar ist ein modernes Kreuzfahrtschiff mit Navigationssystemen, GPS und Autopilot ausgerüstet aber die Seeschifffahrtsstraßen bleiben dennoch erhalten und gültig. So gibt es die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung die strikt beachtet werden muss. Auf den Flüssen gilt auf den Binnenschifffahrtsstraßen die entsprechende Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung – für Rhein, Donau, Mosel und Bodensee gelten eigene Schifffahrtsordnungen.

Wenden wir uns aber wieder den großen Kreuzfahrtschiffen zu.

Eine solche Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung umfasst neben allgemeiner Grundregeln Informationen zu den Sichtzeichen der Fahrzeuge, Fahrregeln, Richtlinien zum Ankern, Überholen, Begegnen, Vorbeifahren, Fahrgeschwindigkeit, Festmachen und zu den Schallsignalen der Schiffe.

Wenn ein Kreuzfahrtschiff also zum Beispiel von Emden nach Hamburg fahren will, muss es sich innerhalb der in den Seekarten gekennzeichneten Fahrrinnen und Schifffahrtsstraßen bewegen. Die ausgebaute Fahrrinne oder auch Fahrwasser genannt innerhalb der Seeschifffahrtsstraße zwischen Ems, Dollart und Wattenmeer ist mit Lateralzeichen begrenzt oder gekennzeichnet. Das Lateralsystem legt nun die seitliche Markierung des Fahrwassers fest, so dass ein Schiff zum Beispiel nicht auf eine Sandbank aufläuft. Diese Markierung erfolgt durch Seezeichen oder auch Schifffahrtszeichen genannt. Zusammen mit den Seekarten ermöglichen diese Seezeichen ein sicheres navigieren entlang der Küstenbereiche. Diese Seezeichen hat sicherlich jeder schon mal gesehen – es handelt sich in erster Linie um Tonnen, Leuchttürme oder Baken. Als Bake bezeichnet man feste Seezeichen, die nicht befeuert sind und auch nicht den Kriterien eines Leuchtturms entsprechen. Die wohl bekannteste Bake ist die Kugelbake in Cuxhaven.

Die Seezeichen der Backbord- und Steuerbordseite unterscheiden sich voneinander durch Form, Farbe und Nummerierung. Der Kapitän eines Schiffes kann nun erkennen, ob er die Seezeichen links oder rechts passieren muss, um im Fahrwasser zu bleiben.

Nicht alle Seezeichen sind nummeriert. Dieses System wird in erster Linie bei langen Fahrwassern zu Häfen eingesetzt. Die Zuordnung der Form zu den Fahrwasserseiten ist international einheitlich geregelt. Für von See kommende Schiffe Steuerbord (rechts) spitz und Backbord (links) stumpf. Die Farben sind entsprechend zu erkennen – Steuerbord grün und Backbord rot.

Wie gesagt sind zwar die Zuordnungen der Form international einheitlich geregelt aber nicht die Farbe! So gibt es zwei Betonnungssysteme – das „Betonnungssystem A“ und das „Betonnungssystem B“. Bei uns in Europa so wie auch in Asien (ausgenommen Korea, Japan und Philippinen), Australien, Neuseeland und Afrika gilt das „Betonnungssystem A“. Das „Betonnungssystem B“ findet man in Nord- und Südamerika, den Philippinen, Japan und in Korea.

Wenn ein Schiff nun also von der Nordsee kommend in die Elbe einfährt, so sind die Backbordtonnen rot und das Toppzeichen oben auf dem Seezeichen ist stumpf! Entsprechend sind die Steuerbordtonnen grün und das Toppzeichen ist spitz. Die Backbordseite des Schiffes befindet sich dann auch auf der Backbordseite des Fahrwassers. Wenn die Tonnen nun zur besseren Orientierung noch nummeriert sind, dann befinden sich die geraden Zahlen auf der Backbordtonne und die ungeraden auf der Steuerbordtonne.

Die in die Seeschifffahrtsstraßen einfahrenden Schiffe dürfen dies auch nicht irgendwo nach Belieben tun sondern müssen ebenfalls die dafür vorgesehenen Fahrwasser nutzen. Eine schöne Übersicht bietet die Karte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). An Stellen, wo sich die Schifffahrtslinien kreuzen oder es Abzweigungen und Einmündungen gibt, gilt es die entsprechenden Seezeichen zu beachten! Hier gibt es dann Fahrwasserteilungstonnen, die die Zufahrt zu den Schifffahrtstraßen klar anzeigen.

 

Seeschifffahrtsstraßen Karte

Größere Karte als pdf-Download HIER  (Grafik: WSV)

Das mag kompliziert klingen oder aussehen, ist es aber nicht.

Läuft ein Schiff nun einen Hafen zum Beispiel in Nordamerika an, so ist die Farbgebung genau umgekehrt aber die Tonnenform bleibt identisch. Bedeutet: die Seezeichen sind von See kommend dann an Steuerbord rot, mit spitzen Toppzeichen und geraden Ziffern und an Backbord grün, mit stumpfen Toppzeichen und ungeraden Ziffern nummeriert.

International festgelegt wird die Kennzeichnung der Fahrwasser und damit auch das Lateralsystem von der IALA (International Association of Lighthouse Authorities). Gültig ist dieses Abkommen seit 1982. Die IALA hat für das Lateralsystem die beschriebenen Regionen A und B sowie die Unterschiede in der Kennzeichnung festgelegt.

Die internationale Regelung der IALA beinhaltet ein weltweit einheitliches System von fünf unterschiedlichen Tonnentypen. So gibt es das Lateralsystem, Kardinalsystem, Mittelfahrwassertonnen, Einzelgefahrenstellentonnen und sonstige Tonnen. Das Lateralsystem zum Beispiel kennzeichnet Hindernisse, Untiefen und Wracks – diese Seezeichen sind schwarz-gelb. Weiter wollen wir diese Tonnentypen jedoch nicht erläutern.

Nachfolgend zwei Grafiken, die den Unterschied für das Lateralsystem der Regionen A und B verdeutlichen.

Region A (Europa, Neuseeland, Australien, Afrika und Teile Asiens)

 

 

SeezeichenRegionA

  • Steuerbord grün - spitze (kegelförmigen) Toppzeichen, Zahlen sind ungerade
  • Backbord rot - stumpfe (zylinderförmigen) Toppzeichen, Zahlen sind gerade

 

Region B (Nordamerika, Südamerika, Japan, Korea und Philippinen)

 

SeezeichenRegionB

  • Steuerbord rot - spitze (kegelförmigen) Toppzeichen, Zahlen sind gerade
  • Backbord grün - stumpfe (zylinderförmigen) Toppzeichen, Zahlen sind ungerade

(Grafiken: wikimedia commons)

Die Bezeichnung Backbord und Steuerbord gilt übrigens seit 1905 und wurde nach längeren Streitereien in der Handelsmarine eingeführt.

Im Norddeutschen Wattenmeer verwendet man auch gerne Besenstiele oder Stangen als Fahrwasserbegrenzung (s. Grafik oben). Diese etwa fünf bis sieben Meter hohen Stangen (meist Birkenstiele) mit Zweigbüscheln nennt man Pricke. Meist verwendet man nur Backbordpricken, da diese nicht zusätzlich bearbeitet werden müssen. Steuerbordpricken müssten sich ja im Aussehen von den Backbordpricken unterscheiden. Eine Backbordpricke hat das Aussehen eines Besens, dessen Zweige am oberen Ende auseinander gebogen sind. Bei einer Steuerbordpricke sind die Zweige oben zusammengebunden und gehen unten auseinander. Sehr stabil sind diese Pricken jedoch nicht und müssen meist jedes Jahr ersetzt werden.

Die ersten Seezeichen in deutschen Gewässern waren Steinhaufen, Holzgerüste oder auch Baumgruppen. Die ersten künstlichen Seezeichen nannte man Baken die entweder fest oder schwimmend erkennbar waren. Wie wir schon sagten, steht eine der bekanntesten Baken in Cuxhaven – die Kugelbake. Einer der ersten Landmarken entstand auf der Insel Neuwerk in Form eines Turms. Die ersten schwimmenden Seezeichen waren meist Fässer aus Eichenholz. Anfang 1900 zählte man bereits über 130 Tonnen in der Elbe. Im Laufe der Jahre wurden die damaligen Tonnen immer weiter verbessert und ähnelten bald schon den heutigen Seezeichen.

Abschließend noch ein kleiner Hinweis für alle Kreuzfahrer.

Sicherlich hat jeder auf einer Kreuzfahrt schon mal gehört, dass ein Schiff mit der „portside“ anlegt und sich demnach auch dort die Gangway befinden wird. Ja, die Ausgänge sind dann entsprechend ausgeschildert aber Interessierten sei gesagt, dass die „portside“ immer die Backbordseite – also die linke Seite – des Schiffes ist. Entsprechend wird dann immer mit der linken Seite angelegt.

Wir hoffen, nun etwas Licht in das komplizierte Thema der Seezeichen, Wasserstraßen, Fahrwasser und Routenkarten in den Kreuzfahrtkatalogen gebracht zu haben.

Für alle Fragen Rund um das Thema Kreuzfahrten kontaktieren Sie gerne das Team von Kreuzfahrten und mehr!


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